Das Urheberrecht wird novelliert. Etliche Ansätze sind zu hinterfragen Die Zeit läuft: Mit Ende Juni 2021 soll eine EU-Richtlinie zum Urheberrecht in nationales Gesetz umgewandelt sein. Derzeit läuft eine Diskussion, oft getragen von juristischer Oberflächlichkeit Text: Wolfgang Punz bezahlte Einschaltung Zur geplanten Urheberrechts-Novelle ist aus Sicht eines Praktikers anzumerken, dass einige Bestimmungen ohne europarechtliche Notwendigkeiten eingeführt werden. Zudem enthalten unbestimmte Gesetzesbegriffe auch eine hohe Missbrauchsgefahr. Das führt in der Praxis häufig zu langwierigen gerichtlichen Auseinandersetzungen. Allein schon aus diesem Grund ist der Entwurf wenig nützlich und schadet letztlich beiden Seiten. Denn die Einschränkungen für Verlage verringern auch die Chancen der Autorenschaft, auf den Markt zu kommen. Vier Beispiele, die das pointiert darstellen: Beispiel 1: Die gewandelte Überzeugung Zerstörerisch für die verlegerische Planung ist ein vorgesehenes Recht auf Rückruf der Übertragung von Nutzungsrechten an den Verlag, ausgeübt durch den Autor. Etwa, wenn sich dieser, aus welchen Gründen auch immer, nicht mehr mit seinem Werk identifizieren kann. Eine solche „gewandelte Überzeugung“ kann vom Autor willkürlich argumentiert werden. Es gibt im Entwurf keinen Anhaltspunkt dazu. Das bloß individuelle Vorbringen der Unzumutbarkeit reicht offensichtlich aus. In der Praxis – siehe Deutschland – dient dieses Recht oft dazu, den Verlag nachträglich zu erpressen und eine einseitige Gestaltungsmacht für Autoren für günstigere Honorare auszuspielen. Beispiel 2: Machtverschiebung verringert Privatautonomie Der Entwurf führt, angelehnt an kollektivvertragliche Regelungen, darüber hinausgehend den Begriff der „repräsentativen Vereinigung“ ein, welche aufseiten der Urheber und der Verwerter kollektive Regelungen treffen können. Auch sollen diese Vereinigungen ein Klagerecht gegen unfaire Bedingungen in Verträgen haben. Dies wiederum führt zu ... … Beispiel 3: Kollektive Vereinbarungen Angelehnt an vereinzelte ausländische Beispiele sollen kollektive Vereinbarungen massiv in die Privatautonomie beider Vertragsteile eingreifen. Obzwar der Autor grundsätzlich ein Unternehmer im Sinne des UGB ist, soll er von Vereinigungen sozusagen „betreut“ werden. Solche die Privatautonomie sehr einschränkende Gesamtverträge sollen z. B. die Mindesthöhe eines angemessenen Entgeltes, aber auch vertragliche Standards festlegen. Rechtlich wird hier der Grundsatz der Privatautonomie und eben der verfassungsrechtlich gewährleisteten Erwerbsfreiheit aufs Äußerste strapaziert. Im Gegensatz zu normierten nachvollziehbaren Gruppen in arbeitsrechtlichen Kollektivverträgen ist der Autor ein selbständiger Unternehmer im Sinne des UGB. Noch dazu wird bei dem Entwurf „übersehen“, dass in diesem Kontext nicht eine abstrakte Zurverfügungstellung einer Arbeitsleistung geregelt werden soll, wie es bei Kollektivverträgen der Fall ist, sondern die Partizipation an der Verwertung eines urheberrechtlich geschützten Werkes, das per se nicht abstrakt, sondern individuell ist. Auf nötige, wirtschaftlich sinnvolle individuelle Regelungen in Autorenverträgen wird sozusagen vergessen. Für einen Jungautor wird der Eintritt in den Markt erschwert (Stichwort: Mindestentgelt), dem Verlag wird umgekehrt die Möglichkeit einer Planungsrechnung und Kalkulation aus der Hand genommen. Beispiel 4: Verbandsklagerecht Ähnlich gravierend ist der Plan, eine Verbandsklage einzuführen, eingebracht durch „repräsentative Vereinigungen“. Diese Regelung suggeriert, dass Verlage eine stärkere wirtschaftliche Position hätten. Es wird dabei übersehen, dass der Autor das Monopol über sein eigenes Werk innehat. In anderen Rechtsbereichen sehen wir, dass mit Verbandsklagen kleinere und mittlere Unternehmen erpressbar werden. Ausufernde Verfahren, die bis zum OGH führen können, sind allein schon wegen der Kosten zu vermeiden! Letztlich sind Autorenverträge immer mit AGB und Standardformulierungen behaftet. Verbänden die Machtstellung zu geben, in Formularverträge von Verlagen einzugreifen, ist äußerst problematisch. Es wird wohl die Investitionsbereitschaft stark nachlassen, denn wer riskiert sein eigenes Geld dafür, dass ein Verband ein gemeinsam vereinbartes „Verwertungsprojekt“ zerstören kann. In diese Reihe gesellt sich oft der befürchtete Ansehensverlust eines Verlages bei Unterliegen. Letztlich ist noch einmal zu unterstreichen: Es kommt nicht einmal auf den Willen des Autors an, ob er selbst an der Einbringung einer solchen Klage interessiert ist. Deswegen stellt das Verbandsklagerecht einen legistisch zweifelhaften Versuch des Eingriffs in Privatautonomie und Erwerbsfreiheit dar. • Dr. jur. Wolfgang Punz ist Experte für Wettbewerbs- und Urheberrecht. 14 sortimenterbrief 4/21
Gastkommentar Zum Hintergrund der Klage gegen den „Online-Riesen“: Auch wenn der Buchbranche Österreichs die steigenden Marktanteile der über amazon.de gekauften Bücher ein Dorn im Auge sind – es gab wenig fundierte Beschwerden über amazon.de, weil es der Online-Händler lange vermieden hat, gegen das Buchpreisbindungsgesetz zu verstoßen. Dabei wurden von amazon die österreichischen Preise nicht aus dem Verzeichnis lieferbarer Bücher (VLB) übernommen, sondern errechnet – ausgehend vom deutschen Fixpreis. Dies führte dazu, dass die Buchpreise bei amazon.de, sieht man von wenigen Cent wegen den unterbliebenen Rundungen ab, weitgehend korrekt waren. Durch die nach wie vor herrschende Corona-Pandemie ist es in der Folge zur Situation gekommen, dass der Umsatzsteuersatz für Bücher in Österreich und Deutschland temporär auf 5 % herabgesetzt wurde, ohne dass dadurch die im VLB bekannt gemachten Mindestpreise eine Änderung erfahren hätten. Dabei sind die Verlage der Empfehlung der österreichischen Regierung nachgekommen und haben die Preismeldung im VLB unverändert gelassen, damit die Umsatzsteuerdifferenz bei den Buchhändlern bleibt. Seit 1. Jänner 2021 führt dies dazu, dass amazon systematisch Preise für deutschsprachige Bücher ankündigt, Rechtsanwalt Dr. Bernhard Tonninger Gegen amazon: Klage beim Handelsgericht Wien die in der Regel knapp 5 % unter den im VLB gemeldeten Mindestpreisen für Österreich liegen. Beschwerden bei der vom Fachverband der Buch- und Medienwirtschaft beauftragten Preisbindungskanzlei Tonninger, Schermaier & Partner ließen nicht lange auf sich warten. Im Zuge einer außergerichtlichen Intervention hat sich eine Vertreterin von amazon gemeldet. Diese hat sich grundsätzlich einsichtig gezeigt und zugesichert, dass man an einer Lösung arbeite. Konkrete Ergebnisse wurden jedoch zu keinem Zeitpunkt präsentiert, sondern es wurde beharrlich, aber im Verlauf der Zeit immer unglaubwürdiger argumentiert, dass sich eine rasche Lösung des Problems technisch nicht umsetzen lasse. Klage gegen die „Amazon EU S.à r.l.“ aus Luxemburg Letztlich blieb im Interesse der Mitglieder keine andere Möglichkeit, als Klage einzubringen. Obwohl die luxemburgische Gesellschaft Amazon EU S.à r.l. die Online-Plattform amazon.de betreibt und deshalb für die Verstöße verantwortlich ist, ist für die Klage das Handelsgericht Wien zuständig. Der Fortgang des Verfahrens ist schwer vorauszusehen. Wenn amazon nicht doch noch einlenkt, sondern die zugrunde liegenden Rechtsfragen durchstreiten will, ist es wahrscheinlich, dass damit wieder die Höchstgerichte beschäftigt werden. • © Thomas Schauer 100 Millionen Mal „Digi-Bücherregal“ DIGI4SCHOOL: Das erfolgreichste Online-Bildungs-Bücherregal Österreichs kratzt bei den Aufrufen die 100-Millionen- Aufrufe-Schallmauer pro Monat. Schülerinnen und Schüler sowie Pädagoginnen und Pädagogen forcieren das digitale Schulbuch. Nun schlägt es, entwickelt von Österreichs Bildungsverlegern, im Zuge von Corona alle Rekorde. DIGI4SCHOOL – so heißt die beliebteste und meistbesuchte Web-Plattform für Bildung in Österreich. Waren es zu Beginn des Lockdown 2 im Herbst 2020 bereits 77 Millionen Aufrufe von Inhalten aus E-Books und E-Books+, so geht’s bei den Aufrufen nunmehr Richtung 100-Millionen-Grenze pro Monat. Das digitale Schulbuchregal DIGI4SCHOOL hat im Jahr 2013 der Fachverband der Buch- und Medienwirtschaft in Zusammenarbeit mit den Schulbuchverlegern ins Leben gerufen. Im Herbst 2016 geht man mit Unterstützung des Familienministeriums im Rahmen der Schulbuchaktion online. Apropos Familienministerium: Erstmals seit zehn Jahren sind die Mittel der Schulbuchaktion im Schuljahr 2020/2021 auf 124 Millionen Euro mit Geldern aus dem Familienlasten-Ausgleichsfonds erhöht worden. Das bedeutet eine Steigerung um 12,6 Millionen Euro – 7 Millionen Euro davon fließen in die weitere Entwicklung digitaler Lehrmittel. • sortimenterbrief 4/21 15
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