sonderthema lernen | pädagogik | wissen | sprache Wissenschaftliche Leiterin der BAKABU-Methode Dr. Barbara Rössl-Krötzl: Studium der Sprachwissenschaft und Musikwissenschaft. Arbeitsschwerpunkte: Erst- und Zweitspracherwerb, Sprachdiagnostik und -förderung. Autorin des Sprachstandserhebungsverfahrens BESK(DaZ)-KOMPAKT (bifie im Auftrag des BMBWF), Mitverfasserin des Leitfadens zur Sprachförderung am Übergang vom Kindergarten zur Grundschule, Lehrtätigkeiten in der Fort- und Weiterbildung für Pädagogen aus dem Elementar- und Primarbereich. © Dr. Barbara Rössl-Krötzl privat Dr. Barbara Rössl-Krötzl hat den BESK* und seine Variationen (BESK-DaZ KOMPAKT) von Beginn an mitentwickelt und gilt als Experin im Bereich der frühkindlichen Sprachförderung. Im Gespräch mit Dr. Barbara Rössl-Krötzl Über die Wichtigkeit von sprachlicher Frühförderung und deren Umsetzung im BAKABU-Konzept Sprache ist ein zentraler Faktor des Lernens. Inhalte ebenso wie Fertigkeiten werden über Sprache vermittelt. Sie wird dadurch zu einer Voraussetzung für den Bildungserfolg. Kann man festhalten, dass die Sprachförderung, vor allem die sprachliche Frühförderung, immer wichtiger wird? Rössl-Krötzl: Dies zeigt sich schon allein daran, dass die frühe sprachliche Förderung derzeit – und wohl auch weiterhin – im Fokus der bildungspolitischen Bemühungen steht. Die Unterstützung und Begleitung der sprachlichen Entwicklung von Kindern im Kindergartenalter ist immens wichtig, um allen Kindern gute Bildungsvoraussetzungen zu ermöglichen. Wie können Lösungen, insbesondere im außerschulischen Bereich, aussehen? Rössl-Krötzl: Dazu gibt es unterschiedliche Zugänge. An erster Stelle steht die bewusste sprachliche Zuwendung der Eltern, der Bezugspersonen zum Kind. Dies kann im gemeinsamen Spiel, im dialogischen Vorlesen, im abendlichen Erzählen von Tageserlebnissen geschehen. Als hochgradig sprachfördernd hat sich jedenfalls auch das Singen von Liedern herausgestellt, das heißt, die Kombination von Sprache mit Musik. Grundsätzlich wirkt schon allein das Hören von Musik förderlich auf die Voraussetzungen des Spracherwerbs, es werden die gleichen Hirnareale aktiviert, Konzentration und Aufmerksamkeit gefördert. Das (gemeinsame) Singen von Liedern fördert zudem das Miteinander, die soziale und emotionale Kompetenz. Dies wirkt kontaktstiftend und in weiterer Folge sprachanregend. Wie hilft es dem Kind in Sachen Sprachförderung, wenn Texte und Musik in Liedern verbunden werden? Rössl-Krötzl: Grundsätzlich teilen sich gesprochene Sprache und Musik einige Gemeinsamkeiten: Beide bestehen aus Rhythmus, d. h. Längen und Kürzen, bestimmten Betonungsmustern sowie 30 sortimenterbrief 12/20
sonderthema lernen | pädagogik | wissen | sprache Melodiebögen. Wir wissen aus der Forschung, dass sich vor allem jungen Kindern und Sprachlernanfängern grammatische Strukturen und Formen aus Rhythmus und Melodie der gesprochenen Sprache erschließen. Sie sind in ihrem Spracherwerb auf die musikalischen Eigenschaften der Sprache stark angewiesen. Darauf nimmt etwa die Vertonung der Bakabu- Liedtexte Rücksicht: Sie folgt der natürlichen Sprechweise, verstärkt sie durch pointierte kompositorische Mittel und sich wiederholende Motive, die wie Muster wirken. Wie kann das funktionieren? Rössl-Krötzl: Die Texte der Bakabu- Lieder liefern eine Hilfestellung für die Anwendung der Technik des strukturierten bzw. modellierenden Sprachinputs. In den Liedern werden dem Kind etwa Fragesatzstrukturen, Satzklammerkonstruktionen, morphologische Aspekte wie etwa Fälle, Pluralbildungen oder auch Präpositionalphrasen durch entsprechende Liedtexte systematisch nähergebracht. Es sind „geheime“, sprich implizite Lernziele, die in humorvolle, kindgerechte Texte mit Themen aus der Lebenswelt des Kindes verpackt sind. So wird etwa die Satzklammer mit getrennten Verben im „Aufräumlied“ geübt, die gestellten Aufträge werden jeweils zwischen erster und zweiter Person gerecht verteilt: „Ich räum’ die Teller weg, du stellst die Becher zurück ...“ Rössl-Krötzl: Das Um und Auf ist natürlich, dass Kindern die Möglichkeit geboten wird, Sprache als ein Medium kennenzulernen und zu erfahren, das dazu dient, etwas Bedeutungsvolles auszudrücken, dass sie ein Medium ist, über das sich das Kind geltend machen kann, durch dessen Gebrauch es sich wirksam erweisen kann. Ob im familiären Umfeld, ob in Bildungsinstitutionen wie Kindergarten oder Schule: Sprache muss gehört, gesprochen, gesungen oder »Wenn Kinder Sprache lernen, lernen sie die Grundlage des Lernens selbst« gelesen werden. Als Herausforderung der Sprachförderung in der elementarpädagogischen Praxis sehe ich die Integration einer gezielten, auf die individuellen Bedürfnisse der Kinder ausgerichteten Förderung in die Alltagsangebote des Kindergartenalltags. Die Gefahr ist, dass nicht kindgerechte Methoden zur Anwendung kommen. Denn viele Kinder benötigen auch eine besondere Unterstützung im grammatischen Bereich. Durch eine entsprechende Aufbereitung der sprachlichen Angebote können dem Kind die zu erwerbenden grammatischen Formen und Strukturen grundsätzlich auch in alltäglichen Spiel- und Redesituationen nähergebracht werden, sodass sie das Kind erkennen und aufgreifen kann. Das Beherrschen der grundlegenden Satzstrukturen bietet ihm eine wichtige Grundlage für die bildungssprachlichen Anforderungen der Schule. Eine derart ins sprachliche Detail gehende Förderung ist jedoch ein für die Elementarpädagogik relativ neues Aufgabengebiet. Sie erfordert unter anderem die Kenntnis und Anwendung sprachdidaktischer Aktivitäten. Für die Aneignung der spezifischen Sprachförderkompetenzen steht den Pädagogen übrigens bundesweit ein breites Angebot an Qualifizierungsmaßnahmen zur Verfügung. Danke für das Gespräch! * Zur Feststellung der Sprachkompetenz in der Bildungssprache Deutsch gibt es in Österreich ein einheitliches und für alle elementaren Bildungseinrichtungen verpflich- tendes Instrument zur Erfassung der Sprachkompetenz, den sogenannten BESK KOMPAKT (Beobachtungsbogen zur Erfassung der Sprachkompetenz). © Vermes-Verlag, Tulln Wie sieht die Zukunft des Sprachelernens aus? Sprachförderung durch Musik: Mit den Liedern der Alben Hör zu, Bakabu – 1–3 wird spielerisch und nebenbei Sprache gelernt. Erschienen im Vermes-Verlag (www.bakabu.at). Auslieferung: Mohr Morawa. sortimenterbrief 12/20 31
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