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sortimenterbrief dezember 2023

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Das österreichische Branchenmagazin für Buchmarkt, Buchverkauf und Buchwerbung. Ausgabe Dezember 2023.

© Thomas SchauerÜber

© Thomas SchauerÜber Schwerpunkte und aktuelle Herausforderungender PreisbindungskanzleiNachdem das Buchpreisbindungsgesetz 2023 (BPrBG 2023) beschlossen und der neue Preisbindungskommentardazu erschienen war, hat sich der vom Fachverband der Buch- und Medienwirtschaft eingesetztePreisbindungsanwalt Dr. Bernhard Tonninger eigentlich auf ruhigeres Fahrwasser in SachenBuchpreisbindung eingestellt. Mit dem sortimenterbrief spricht er über den neuen Schwerpunktder Preisbindungskanzlei, Preisbindungsverstöße auf dem Amazon Marketplace von (ausländischen)Händlern zu verfolgen und abzustellen, was sich durchaus als große Herausforderung erweist.bezahlte EinschaltungSchon im Interview im Juli haben Sieangekündigt, sich die Verkäufe von (ausländischen)Anbietern über den AmazonMarketplace näher anzuschauenund gegen Verstöße vorzugehen. Amazonselbst hält die Buchpreisbindung aufdem Amazon Marketplace ein?Soweit ersichtlich, ja. Das ist eine der erfreulichenAuswirkungen des Gerichtsverfahrens,das wir in den Jahren 2021und 2022 gegen die luxemburgische AmazonEU S.à r.l. geführt haben, und desBPrBG 2023. Amazon hat offenbar eingesehen,dass es nicht reicht, sich an die deutschenRegelungen zu halten, und selbst aneiner technischen Umsetzung gearbeitet,die Buchpreisbindung auch gegenüberösterreichischen Kund:innen einzuhalten.Dazu haben sie für Nutzer:innen ausÖsterreich einen eigenen Shop namens„Amazon Exports“ eingerichtet, der nunoffenbar direkt die österreichischen Preiseaus dem Verzeichnis lieferbarer Bücher(VLB) übernimmt. Entsprechend werdenösterreichischen Kund:innen, soweitersichtlich, unmittelbar österreichischePreise angezeigt und in weiterer Folgeauch verrechnet. Damit war das Problemmit dem Amazon Marketplace jedochnicht beseitigt, weil über diese Plattformauch viele Drittanbieter Bücher verkaufen,und wir feststellen mussten, dass manchedieser Drittanbieter die durch die Mehrwertsteuerdifferenzsystematisch niedrigerendeutschen Preise auch gegenüberösterreichischen Kund:innen anbietenund zudem noch versandkostenfrei nachÖsterreich liefern. Damit werden sie zudemnoch von Amazon als günstigste Angebotevorgereiht. Dies ist, wie wir mittlerweilewissen, für die einzelnen Händlerein „Bombengeschäft“ zu Lasten der österreichischenBuchbranche.In welcher Dimension bewegen sich dieVerkäufe und somit der Kaufkraftabzugfür die österreichische Buchbranchedurch ausländische Händler mit gesetzwidrigenAngeboten am Amazon Marketplace?28 sortimenterbrief 12/23

wko.at/buchwirtschaftMittlerweile kennen wir zwar erste Zahlen,die Gesamtdimension können wirjedoch noch nicht seriös abschätzen.Wenn man jedoch erfährt, dass zwei aufden ersten Blick unscheinbare Händler(Einzelunternehmen) nach Eigenangabenzusammen im letzten Jahr rund 230.000Pakete, vielfach mit Büchern, nach Österreichverschickt haben, dann lässt einendas kurz mit offenem Mund zurück, zumalanzunehmen ist, dass diese Händlerihre Umsätze durch die geänderte Situationim Jahr 2023 wohl noch beträchtlichgesteigert haben. Gleichzeitig wird manauch dadurch bestärkt, dass im vitalenInteresse der österreichischen Buchbranchekein Weg daran vorbeiführt, alles zuunternehmen, um diese gesetzwidrigenAngebote nachhaltig abzustellen. Da dieausländischen Händler jedoch nicht aufdiesen – zulasten der österreichischenBuchbrache unlauter erworbenen enormen– Kuchen verzichten wollen undoffenbar große finanzielle Mittel haben,ist auch die juristische Gegenwehr entsprechendgroß und bringt neue Herausforderungenmit sich.Was hat sich seit der Schwerpunktsetzungauf die ausländischen Anbieterüber den Amazon Marketplace getan?Mit zwei unserer ersten vier Abmahnungenmitsamt Klagsdrohungen gegenüberdeutschen Händlern haben wir wie inein Wespennest gestochen. Dies auch, weilwir den Händlern zu verstehen gegebenhaben, dass wir auf die Einhaltung der österreichischenBuchpreisbindung bei Ankündigungengegenüber österreichischenKund:innen bestehen und nicht mit uns aufZeit spielen lassen. Während sich zwei dervier Händler unmittelbar verpflichtet undihre Angebote entsprechend modifizierthaben, haben die weiteren zwei Händlerselbst in die taktische Trickkiste gegriffenund durchaus überraschend negative Feststellungsklagenin Berlin eingebracht.Worauf stützen sich die Händler in denKlagen?Argument der Händler ist unter anderem,dass sie ihre Preise nicht ankündigen würdenund die Preisunterschreitung so geringsei, dass sie keine Auswirkung habe.All das wird in Wahrheit schon durch derenenorme Umsätze am österreichischenMarkt widerlegt. Weiters führen sie insTreffen, dass sie ihr Angebot bei Amazonnicht preisbindungskonform für Deutschlandund Österreich gestalten könnten,weil dies technisch nicht möglich sei. Dabeilassen sie außer Acht, dass es durchausauch am Amazon Marketplace Mittel undWege gibt, Ländershops zu erstellen, undabgesehen davon die technische Machbarkeitauf dem Amazon Marketplace keineRechtfertigung dafür sein kann, dass dieHändler bei ihren Angeboten an österreichischeVerbraucher:innen zwingende österreichischeGesetze ignorieren.Wie ist man von Seiten der Preisbindungskanzleiweiter vorgegangen?Wir haben natürlich unmittelbar die Branchenvertreter:inneninformiert und BerlinerKolleg:innen eingeschaltet, um die österreichischeBuchpreisbindung auch inBerlin bestmöglich zu verteidigen. Da eszur Frage der Ankündigung auf AmazonMarketplace in Österreich noch keine einschlägigenGerichtsentscheidungen gibt,haben wir zudem zwei weitere deutscheHändler direkt und ohne Abmahnungbeim Handelsgericht Wien geklagt, damitwir hier hoffentlich positive Entscheidungenerwirken, welche auch den deutschenGerichten entscheidenden Input zurAuslegung der österreichischen Gesetzegeben sollten.Was verspricht man sich davon, dass österreichischeGerichte entscheiden?Gerade die österreichischen Gerichte warenja in letzter Zeit durchaus aufgeschlossengegenüber der Buchpreisbindung. Sohat der Oberste Gerichtshof im Jahr 2019im Zusammenhang mit dem ermäßigtenVerkauf von Thalia-Gutscheinen durcheine Gutschein-Plattform ausgesprochen,dass bei der Auslegung von Preisbindungsgesetzengrundsätzlich von einerwirtschaftlichen Betrachtungsweise auszugehenist und weiters das zentrale Anliegendes BPrBG zu berücksichtigen ist,einen Preiswettbewerb zwischen Buchhändlernzum Schutz der Büchervielfaltund der Versorgung der Bevölkerung mitBüchern zu verhindern. In Anbetrachtdieser Entscheidung und der darin aufgestelltenAuslegungsregeln sollten dieGerichte auch bei den Amazon-Marketplace-Fälleneine klare Haltung einnehmenund die heimische Buchbranche vorunlauteren, weil unterpreisigen Angebotenvon deutschen Händlern entsprechendschützen und unseren Klagen Folge geben.Diese Entscheidungen werden in der Folgesicherlich auch bei den deutschen GerichtenBeachtung finden.Wie geht es weiter?Unmittelbar im neuen Jahr stehen die erstenGerichtsverhandlungen an. Da derSachverhalt weitgehend klar ist und primärdie Rechtsfrage zu entscheiden ist,hoffen wir, dass wir noch bis Mitte des Jahreserste positive Gerichtsentscheidungenin Österreich erwirken können, über diewir dann gerne der Branche wieder berichten.Auszugehen ist davon, dass einigeVerfahren den gerichtlichen Instanzenzugdurchlaufen werden. Es bleibt jedenfallsspannend. Im Interesse und zum Schutzder österreichischen Buchbranche vorunlauteren Angeboten bestand jedoch ohnehinkeine Alternative, als den gerichtlichenWeg zu beschreiten.Ich darf die Gelegenheit nutzen, um michfür das Vertrauen der gesamten Brancheund ihrer Vertreter:innen, allen voran vomObmann des Fachverbands der Buch- undMedienwirtschaft, KR Friedrich Hinterschweiger,zu bedanken. Wir arbeiten hartdaran, um diesem Vertrauen auch diesmalgerecht zu werden und das bestmöglicheErgebnis für die Branche zu erzielen.Danke für das Gespräch!sortimenterbrief 12/2329


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