uchrezension Die feuerrote Friederike und ihre Nachfolgerinnen Mottingers Meinung www.mottingers-meinung.at Lange bevor sich der Begriff des Mobbings etablierte, behandelte Christine Nöstlinger die Themen Ausgrenzung und Gewalt mit dem notwendigen Fingerspitzengefühl in ihrem Kinderbuch–Klassiker Die feuerrote Friederike. In ihrem Erstlingswerk, das 2020 seinen 50. Geburtstag feierte, wehrt sich das Mädchen mit den feuerroten Haaren und Sommersprossen auf den Wangen mit Zauberkräften gegen die Demütigungen ihrer Mitschüler und Mitschülerinnen. Auf Anhieb ein großer Erfolg und 1972 mit dem Friedrich–Bödecker–Preis ausgezeichnet, läutete die österreichische Autorin mit ihrer Feuerroten Friederike eine neue Bewegung innerhalb Österreichs Kinder– und Jugendliteratur ein. Bis heute ist das Buch ein Bestseller mit immer noch aktueller Thematik. In der Ausstellung „Christine Nöstlinger und ihre Buchstabenfabrik“ präsentiert das Karikaturmuseum Krems bis voraussichtlich 6. März die originalen und teils unveröffentlichten Buchillustrationen aus dem Urmanuskript, die zu Beginn von Christine Nöstlinger selbst gezeichnet wurden. Das Debüt als Ausgangspunkt nehmend, sind weitere Zeichnungen der Töchter Christiana Nöstlinger und Barbara Waldschütz zu sehen. Eine aktuelle Friederike zeigen die Arbeiten von Stefanie Reich. 2015 wurde die Leipzigerin mit den Illustrationen für eine Neuausgabe von Nöstlingers Buch beauftragt. Eigens für die Ausstellung haben sich Martina Peters, Stephanie Wunderlich und Nina Pagalies im Rahmen ihres Stipendienaufenthalts in Krems mit Nöstlingers Œuvre künstlerisch auseinandergesetzt. Die ausgestellten Originale von Michael Roher, dem ersten Preisträger des Christine-Nöstlinger-Preises, und von Sophie Schmid, Illustratorin von Nöstlingers posthum erschienenen Der Überzählige, ergänzen die Schau. Verschiedene künstlerische Positionen geben einen facettenreichen Einblick in das Schaffen und Fortwirken der Schriftstellerin und Zeichnerin Christine Nöstlinger. Die Töchter 1959 bringt Christine Nöstlinger Tochter Barbara und 1961 Tochter Christiana auf die Welt. Mit 13 Jahren bebildert Christiana Nöstlinger als Autodidaktin erstmals ein Buch ihrer Mutter, Achtung! Vranek sieht ganz harmlos aus, erschienen 1974. „Ich war 13 Jahre alt und noch in der Schule. Die Idee war, ein Buch für Kinder mit Kinderzeichnungen zu illustrieren, obwohl ich mit 13 kein richtiges Kind mehr war. Aber ich habe als Kind immer schon gern gezeichnet, und meiner Mutter gefielen die Zeichnungen offensichtlich. Sie hat mich dazu ermutigt und auch die Idee gehabt mit den Kinderzeichnungen.“ Die Zusammenarbeit zwischen Mutter und Tochter reichte von Erzählungen bis zu Romanen, so bei Liebe Susi, lieber Paul!, Susis geheimes Tagebuch, Liebe Oma, Deine Susi, Willi und die Angst und die 16-bändige Mini-Serie. Heute ist Christiana Nöstlinger als Psychologin und Expertin für Gesundheitsförderung tätig und arbeitet am Institut für Tropenmedizin in Antwerpen, Belgien. Tochter Barbara Waldschütz hatte 1990 ihr Debüt als Illustratorin. „Meine Mutter hat eine ganze Geschichte gereimt, Klicketick. Sie hat mir den Text gegeben und gesagt, dass ich damit machen soll, was ich will. Sie war damals schon sehr bekannt und hätte sich auch einen berühmten Illustrator wünschen können. Sie fand aber, es sei eine Verschwendung meines Talentes, dass ich immer nur für mich zeichne.“ Für ihre Kinderbuch-Illustrationen, darunter Bücher wie Vom weißen Elefanten und den roten Luftballons, Madisou, Pudding–Pauli und Ned dasi ned gean do warat, wurde ihr die BIP-Plakette und mehrmals der Illustrationspreis der Stadt Wien verliehen. Illustrieren wurde aber nie zum Hauptberuf der studierten Mediengestalterin und Kommunikationsdesignerin. „Ich bin mir nicht sicher, ob man dann noch jedes Buchprojekt wie ein Kunstwerk gestalten kann. Man kann dann nicht mehr so viel Zeit mit Nachdenken und Ausprobieren verbringen und wahrscheinlich macht es dann weniger Spaß. Das fände ich schade.“ Aktuelle Begegnungen Bereits vor Jahrzehnten publiziert, zeugen die behandelten Thematiken in Nöstlingers Büchern noch heute von Aktualität. Sei es die Andersartigkeit in Die feuerrote Friederike bzw. in Konrad oder Das Kind aus der Konservenbüchse, die Problematik von Einsamkeit in Das Austauschkind, die Identitätssuche in Gretchen Sackmeier oder die pubertäre Sinnkrise, etwa in Ilse Janda, 14. Im Karikaturmuseum Krems tritt das Geschriebene von Christine Nöstlinger in den Zeichnungen von zeitgenössischen Künstlerinnen und Künstlern in einen spannenden Dialog. So werden unter anderem neue Arbeiten von Martina Peters, Stephanie Wunderlich und Stefanie Reich präsentiert. Über die Autorin Christine Nöstlinger wurde am 13. Oktober 1936 in Wien geboren und lebte hier als freie Schriftstellerin. Ihre zahlreichen Kinder- und Jugendbücher wurden weltweit publiziert und in mehr als 50 Sprachen übersetzt. Nöstlingers schriftstellerische Tätigkeit begann 1968 mit der Feuerrote Friederike, die sie als Geschichte zu ihren Illustrationen schrieb. Mehr als 150 Bücher, unzählige Beiträge für Fernsehen und Radio – etwa der berühmte „Dschi- Dsche-i Wischer Dschunior“ – sowie Kolumnen für diverse Zeitungen folgten. Angelehnt an die Vielzahl ihrer Publikationen bezeichnete sich Nöstlinger selbst oft als „Buchstabenfabrik“. Nöstlingers Werk wurde mehrfach verfilmt und international prämiert. Auszug aus der Online-Kulturzeitschrift Mottingers-Meinung.at 88 sortimenterbrief 2/22
www.barbara-brunner.at Der aktuelle Lesetipp von Dr. Barbara Brunner buchrezensionen Liebe Menschen, er hat keine große Lust, und sie will auch nicht. Die Rede ist von Oskar Kokoschka und Agatha Christie. Die Familie möchte der Autorin ein Porträt zum 80. Geburtstag schenken, aber sie ist von dieser Idee gar nicht begeistert. Schließlich lassen sich beide dazu überreden, aber – worüber sollen sie sich bei den sechs Sitzungen unterhalten? „Frag ihn nach Alma Mahler“, rät der Enkel, und daraus entwickeln sich Gespräche über Obsession und Liebe, über Ängste und Sehnsüchte, über Kunst, Kommerz und Tod. Mit großer Offenheit erzählen sie sich Episoden aus ihrem Leben, und so erfährt man, warum Agatha Christie elf Tage im Dezember 1926 einfach verschwunden war und damit ganz England in Aufruhr versetzt hat oder welche Bedeutung die legendenumwobene Puppe Alma Mahlers, die Kokoschka von der Künstlerin Hermine Moos anfertigen ließ, wirklich für ihn hatte. Die tatsächlich stattgefundene Begegnung zwischen Christie und Kokoschka führte trotz anfänglicher Skepsis auf beiden Seiten zu einer Freundschaft, die erst mit Christies Tod 1976 endete. Doppelporträt ist der Titel dieses überaus informativen und kurzweiligen Buches, in dem die Autorin Agneta Pleijel tiefe Einblicke in die beiden herausragenden Persönlichkeiten gibt. Es erscheint im März bei Urachhaus. Kurzweilig und informativ sind auch zwei historische Romane, die bei Gmeiner erscheinen werden: Günter Neuwirth bringt den zweiten Teil seiner Triest-Trilogie heraus, in dem es um nicht weniger als den Kaffeehandel, die Kluft zwischen Italienern und Slowenen, die italienischen Irredentisten sowie den Besuch des Thronfolgers und seiner Gattin anlässlich der Jungfernfahrt von zwei Lloyd-Dampfern im Jahre 1907 geht. Und um die Liebe zwischen einem aufstrebenden slowenischen Jungunternehmer und der Tochter eines italienischen Großkaufmanns sowie um das Verhältnis, das der Polizei-Inspektor 1. Klasse Bruno Zabini mit gleich zwei Damen unterhält, mit der 34-jährigen Hausfrau Fedora Cherini, deren Mann zur See fährt, und mit Luise Dorothea Freifrau von Callenhoff, die die Reisen ihres Mannes zu seinen südamerikanischen Kaffeeplantagen für ihre Arbeit als Schriftstellerin und für die Nächte mit Bruno zu nützen weiß. Dazwischen wird flaniert, gegessen, getrunken und gemordet. Welches Ende die Geschichten nehmen, wie sich Zabinis Dreiecksverhältnis zum Wohlgefallen aller auflösen lässt, das alles erfährt man neben vielen historischen Details und viel Zeitkolorit in dem Roman Caffè in Triest. Und auch gar nicht moralisch geht es im zweiten Teil der Wohlleben-Saga zu, im Wien des Jahres 1815 zu Beginn des Vormärz, der Zeit der Restauration nach den Napoleonischen Kriegen. Die Töchter des Grafen Wohlleben rebellieren gegen die für sie vorgesehenen Rollen in der Gesellschaft, hinter der respektablen Fassade wird geliebt, betrogen, intrigiert, gefeiert und getanzt, als ob es kein Morgen gäbe ... Seidenwalzer ist der Titel des Romans von Michaela Baumgartner, der am Beispiel eines Wiener Seidenfabrikanten zeigt, wie sich das aufstrebende Bürgertum Eintritt in die Welt des Adels verschaffen will. Untrennbar mit ihrem Aufstieg ist das Elend einer nahezu rechtlosen Arbeiterschaft verbunden, die Jahrzehnte später eine neue Weltordnung schafft. Die Wiener Seidenindustrie begann sich bekanntlich, während des letzten Drittels des 18. Jahrhunderts zum dominierenden Wiener Produktionszweig zu entwickeln, denn Seidenstoffe waren Luxusgewebe, die an die Nachfrage vonseiten des Hofes und des Adels gebunden waren. Der entscheidende Durchbruch erfolgte Ende des 18. Jahrhunderts, nachdem im Zuge der Französischen Revolution die Handelsbeziehungen nach Frankreich eingestellt wurden und die österreichischen Käufer ausschließlich auf inländische Produktionen zurückgreifen mussten. 1813 befanden sich in Wien 600 Seidenzeugfabrikanten, jeder fünfte berufstätige Mensch in Wien arbeitete in der Seidenindustrie, die sehr rasch dem französischen Niveau der Seidenverarbeitung um nichts nachstand. Übrigens: „... denn unser Vater is a Hausherr und a Seidenfabrikant“ ist ein Klassiker des Wiener Liedes, das schon Helmut Qualtinger und André Heller, aber auch Wolfgang Ambros gesungen haben. Liebe Leute, was immer das Jahr 2022 bringen wird, es gibt gottlob Bücher, die unterhalten, die uns nützliches und unnützes Wissen vermitteln, die uns am Leben von bekannten Persönlichkeiten teilhaben lassen und die uns mit fiktiven Heldinnen und Helden auf Zeitreisen locken, denn Reisen bildet bekanntlich. Lesen auch. Herzlich Barbara Brunner Agneta Pleijel Doppelporträt ca. 200 Seiten, Hardcover, mit Schutzumschlag ISBN 978-3-8251-5280-2 ca. € 20,60 Urachhaus ET: 16. März Günter Neuwirth Caffè in Triest 440 Seiten, Paperback ISBN 978-3-8392-0111-4 € 16,50 Gmeiner ET: 9. März Michaela Baumgartner Seidenwalzer 317 Seiten, Paperback ISBN 978-3-8392-0195-4 € 15,– Gmeiner ET: 9. Februar sortimenterbrief 2/22 89
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