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sortimenterbrief jänner 2023

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Das österreichische Branchenmagazin für Buchmarkt, Buchverkauf und Buchwerbung. Ausgabe Jänner 2023.

© Mirjam

© Mirjam Knickriemmüssen, selbst wenn wir ein hohes Altererreichen. Zugleich ist der Tod allgegenwärtig,immer um uns.Der Tod zeigt sich in Ihrer Geschichteals junger, braungebrannter Beau, seineWurzeln hat er in der griechischenMythologie. Todes-Figuren gibt es inder Kulturgeschichte ja viele, warumhaben Sie sich die griechische Versionund damit Thanatos ausgesucht?AdvertorialTeresa Petrovitz im Gespräch mitHans RathDer Tod istdoch kein WienerHerr Rath, mit Ihrem neuen Buch Jetztist Sense wagen Sie sich in humorvoller,aber auch nachdenklicher Weise an einThema, das von vielen von uns gerneverdrängt wird. Warum haben Sie dasThema Tod als Hauptmotiv Ihres neuenRomans gewählt?Rath: Das habe ich mich beim Schreibenauch gefragt (lacht). Vor allem angesichtsder Tatsache, dass es oftmals schwierigwar, dieses Thema zu bändigen, in denGriff zu kriegen und in eine zugleichleichtfüßige Form zu gießen, was mirbesonders wichtig war. Hinter der Buch-Idee stand eine längere Genese. Wichtigzu erwähnen ist hier mein Roman UndGott sprach: Wir müssen reden!, den ichvor mittlerweile mehr als zehn Jahrenverfasst habe. Damals hatte ich es mirzur Aufgabe gemacht, eine Komödieüber Gott zu schreiben, ohne dabei dieerwähnten Religionen in irgendeinerForm zu beleidigen. Bei Jetzt ist Senseging es mir analog darum, eine Komödieüber den Tod zu schreiben, ohne eine Satireüber das Sterben daraus werden zulassen. Denn Sterben ist nun mal keinewitzige Angelegenheit, und ich wollte esauch nicht so dargestellt wissen.Gelungen ist Ihnen Ihr Vorhaben, indemSie den Tod höchstpersönlich auftretenlassen und so viel Spielraum fürskurrile, aber auch berührende Auftritteund Wendungen haben.Rath: Die Figur des Sensenmanns alssolche ist natürlich eine faszinierendeund zugleich eine, die ein bisschen ausder Zeit gefallen ist. Dass ich den personifiziertenTod auftreten lasse, hat esmir erlaubt, ein bisschen Abstand zugewinnen und dabei verschiedene Facettenin den Blick zu nehmen: dass derTod eben sehr gerne verdrängt oder beiseitegeschobenwird, dass wir alle es fastals Beleidigung empfinden, sterben zuRath: Ich finde die Antike natürlichspannend, und wie heißt es so schön: ImGrunde sind wir alle Griechen und Griechinnen.Die griechische Mythologieist uns allen irgendwie eingeschrieben,von der Philosophie ganz zu schweigen.Zum Thema Tod hat diese Kulturtraditionjedenfalls einen fruchtbaren Resonanzraumgeschaffen. Hinzu kommt,dass ich Philosophie studiert habe. Eshat mir in diesem Sinne sehr viel Spaßgemacht, wieder an die Ursprünge zurückzugehenund die Schriften Platonsoder Sokrates’ zu lesen. Nicht zuletzt istThanatos eine unglaublich spannendeFigur. Dieser Gott verkörpert traditionellden „sanften Tod“. Er hat damit etwasin seinem Portfolio, das sich jeder undjede von uns wünscht. Durch sein Zutunsterben wir entweder ganz schnell, oderer nimmt uns sanft mit hinüber auf dieandere Seite. Er bietet uns das an, washeute das höchste Ziel in der Palliativmedizinist. Aus dieser Perspektive istThanatos jemand, den wir uns sofort anvertrauenwürden, würde es sich dabeieben nicht um den Tod handeln. DieserWiderspruch ist zutiefst interessant.Mit dieser Widersprüchlichkeit wirdIhre Protagonistin Olivia konfrontiert,eine aufgeweckte und sympathischePsychologin um die 50, die mit Thanatoseine schicksalshafte Bekanntschaftmacht, Therapiestunden inklusive. Inwiefernhat Olivia in Ihren Erzählkosmosgepasst?Rath: Ich wollte diese Frau sehr gerneerzählen und habe sie gleichzeitig mitProblemen ausgestattet, die typisch für28sortimenterbrief 1/23

humorvolle unterhaltung mit tiefgang, skurril und hintergründiguns alle sind und somit über das Individuelleoder die Erfahrungen einer Frauhinausgehen. Hier Glaubhaftigkeit undNachvollziehbarkeit zu erreichen, warmir sehr wichtig. Mir lag aber auch vielan der Freundschaftsgeschichte zwischenOlivia und ihrer besten FreundinConny, die im Buch einen prominentenPlatz einnimmt. Als diese zwei Protagonistinnenbeim Schreiben des Bucheslangsam aus dem Nebel traten, hatteich das Gefühl, dass es sich lohnen würde,ihnen zu folgen. Als Schreibenderist es ja oft so, dass man den Figurenein Stück weit von außen dabei zusieht,wie sie sich entwickeln, und man ihnendann freie Hand lässt. Conny mit ihrerschnoddrigen Art und Liv mit ihremaustarierenden Wesen ergeben eine liebenswerteKonstellation.Sie haben in Ihrer Schriftsteller-Karriereein breites Repertoire an Themen undGenres abgehandelt – von der Dystopieüber den Krimi bis hin zu politischenBüchern wie etwa Ein Araber und einDeutscher müssen reden, das Sie mitHamed Abdel-Samad geschrieben haben.Woher kommt Ihrer Meinung nachder für Sie typische offene, aber auchspielerische und fantasievolle Zugangzur Literatur?Rath: Was meine Bücher sicherlich beeinflusst,ist meine Auseinandersetzungmit philosophischen Themen. DieseVorliebe, die auch von meinem Philosophiestudiumherrührt, führt zu denunterschiedlichsten Ergebnissen. Werschriftstellerisch tätig ist, wählt ja auchimmer die Themen oder Genres aus, dieeinen selbst nicht langweilen, sondernim Gegenteil interessieren und faszinieren.Was das Spielerische betrifft, lebenwir heute in einer Zeit, in der man aufden verschiedensten Kanälen und innahezu allen Medienformen beobachtenkann, dass mit dem Fiktionalen vielfreier umgegangen wird. Themen undIdeen, die früher eher Kopfschütteln hervorgerufenhätten, werden heute bis zumEnde durchdekliniert. Die verrücktestenKombinationen sind möglich geworden,was auch mir beim Schreiben entgegenkommtund viel Spaß macht.Sie leben heute in Berlin als freierSchriftsteller und widmen sich ganzdem Schreiben. Allerdings haben Siedavor einige anderweitige Berufserfahrungengemacht: Psychologie-, Philosophie-und Germanistik-Studium,Arbeit als Tankwart, Bauarbeiter,Bühnentechniker, Theaterkritiker undDrehbuchlektor. Zuletzt waren Sie immittleren Management eines Verlags tätig.Kurz vor dem vierzigsten Geburtstaghaben Sie dann beschlossen, es als freierSchriftsteller zu versuchen. Sind Sienoch glücklich mit Ihrer Entscheidung?Rath: Ich würde sagen, ich habe viel gewonnenund auch viel verloren (lacht).Aufgewachsen bin ich in einer kleinenStadt am Niederrhein. Als ich damalsmein Abitur bestanden hatte, sagte meinVater immer wieder und in verschiedenenVariationen zu mir, dass ich docham besten anfangen sollte, in einer Bankzu arbeiten. Als ich bereits in Köln lebte,schickte mir mein Vater einmal einenBrief, in dem er mir von einem meinerehemaligen Freunde berichtete, der tatsächlichDirektor einer Bank gewordenwar. In mir lösten die Wünsche meinesVaters nichts als Widerwillen aus. Ichwusste nicht genau, was ich tun wollte,aber ich wollte auf keinen Fall Bankerwerden. Als ich dann professionell zuschreiben begonnen habe, kam aberirgendwann der Moment, in dem ichdachte: „Vielleicht wäre Bankdirektor jadoch keine so schlechte Idee gewesen.“Worauf ich hinauswill: Es kann ganzschön anstrengend sein, freiberuflich zuschreiben. Zugleich bin ich in der glücklichenSituation, davon leben zu können,was für viele in diesem Bereich nicht zutrifft.Verbunden ist mit meinem Berufauch eine gewisse Form von Freiheit. Alsich im mittleren Management tätig war,trug ich für etwa 100 Mitarbeiterinnenund Mitarbeiter Verantwortung. Heutebin ich froh, nur noch mein eigener Herrund auch Knecht zu sein − soweit dieseben möglich ist.Sie sind außerdem Drehbuchautor, zuletztfür die Komödie Es ist zu deinemBesten. Auch viele Ihrer Bücher wurdenverfilmt. Geben Sie Ihre Stoffe gernein fremde Hände?Rath: Das Schöne ist, dass ich meineIdeen in meinen Büchern schon in dieForm gegossen habe, die ich mir gewünschthabe. Wenn dann zusätzlichnoch etwas Neues aus meiner FigurenoderGeschichtenwelt entsteht, freue ichmich darüber. Ich lasse mich gerne vonden Resultaten überraschen und versuche,so wertfrei wie möglich darauf zublicken.Jetzt ist Sense ist sicherlich auch gut alsFilmvorlage geeignet …Rath: Ich habe tatsächlich bereits positiveRückmeldungen aus der Filmbranchezum Buch bekommen. Jetzt gilt esnoch abzuwarten, ob die Leser:innenGefallen an meinem Buch finden. Währenddessenspinne ich schon Gedankenzu einem neuen Romanprojekt und habeauch mit Drehbüchern einiges zu tun.Herzlichen Dank für das Gespräch!Hans Rath: Jetzt ist Sense288 Seiten, PaperbackISBN 978-3-423-26334-4, € 16,40 | dtv(auch als E-Book erhältlich)sortimenterbrief 1/2329


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