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sortimenterbrief juli/august 2022

Das österreichische Branchenmagazin für Buchmarkt, Buchverkauf und Buchwerbung. Ausgabe Juli/August 2022.

astronomische

astronomische papierpreise © Druckerei Gerin Gibt es Trends im Druckbereich? Braun: Wir gehen davon aus, dass es das physische Produkt immer geben wird. Was wir wahrnehmen, ist eine Verminderung der Auflagen – bei Büchern wie auch bei Magazinen oder Werbemitteln. Dadurch wird auch der Digitaldruck zusehends relevanter – diesen bieten wir ebenfalls an. Das größte Plakatformat, das wir digital im Haus produzieren, ist 130 x 185 cm. Der Markt ist hier sehr in Bewegung. Wir sind laufend am Evaluieren, wo und wie wir uns den Anforderungen anpassen. Bleibt Ihr Klientel bzw. die Auftragslage im Wesentlichen stabil? Braun: Die massiv gestiegenen Papierpreise veränderten bereits Aufträge in Bezug auf die Auflagen. Andere Produktionen werden gar nicht mehr realisiert, da sich diese mit einem verdoppelten Papierpreis nicht mehr rechnen. Man versucht, die Mehrkosten einzudämmen, indem man geringere Umfänge produziert und Auflagen reduziert. Ossi Hejlek im Gespräch mit Ing. Michael Braun Geschäftsführer – Gerin Druck GmbH »Wir sind mit den Papierpreisen noch nicht am Zenit angelangt« Vorerst herzliche Gratulation zu den Staatspreisen im Rahmen der Wahl zu den schönsten Büchern Österreichs – Gerin wurde als Druckerei ja gleich zweifach ausgezeichnet ... Braun: Neben den beiden Staatspreisen waren weitere sechs Titel unter den Nominierten. Man kann sagen, wir waren mit acht Büchern in der engeren Wahl der 15 Bücher. Mein Mitarbeiter war oft auf der Bühne. Das freute uns sehr. 2009 übernahmen wir die Firma Holzhausen, die bei uns als Buchmarke weitergeführt wird. Die Buchproduktion macht etwa 30 bis 35 % unseres Portfolios aus. Für welche Produktionsarten steht Gerin darüber hinaus? Braun: Im Akzidenzbereich für alles: von der Visitenkarte bis zum Großplakat. Die Preiserhöhungen waren ja bereits letztes Jahr spürbar. Nicht erst durch den Krieg ... Braun: Ja, natürlich hatten wir auch schon im vergangenen Herbst mit der Papierknappheit zu kämpfen. Besonders bei ausgefalleneren Papieren. Seit Jänner 2022 ziehen die Preise abermals massiv an. Die Energiekostenerhöhungen tun jetzt das Ihre zu dieser ungesunden Dynamik. Pro Tonne gibt es bestimmte Energieaufschläge ... Überlegt sich irgendjemand, wer das bezahlen soll? Man kann ja nicht willkürlich die Preise erhöhen. Wer soll das am Ende der Kette berappen? Man kann die Buchpreise nicht um 50 % anheben. Das kauft doch keiner mehr. Braun: Das stimmt. Wir drucken auch sehr viele Schulbücher. Die Schulbuchverlage haben ebenso massive Schwie- 42 sortimenterbrief 7–8/22

igkeiten, denn die Preise für die Schulbücher sind abgegeben, stehen mit diesen in den Bestelllisten, wurden zu einem bestimmten Preis von den Schulen bestellt. Die aktuelle Papierpreisexplosion wirkt sich dort besonders aus. Ich höre von den Verlagen fast täglich, dass sie bereits im Mai für Bücher Auflagen bestellen mussten, die vielleicht erst im Oktober gedruckt werden. Nur damit das Papier gesichert ist. astronomische papierpreise ganz schön was zusammen. Und nebenbei sind die Druckereien von der allgemeinen Energiekosten-Explosion natürlich auch betroffen. Das alles können wir nicht einfach schlucken. Und wie lange es sich unsere Kund:innen leisten können und wollen, weiß ich auch nicht. Wir spüren gerade, dass die Auftragslage etwas zurückgeht. Jetzt kommt der Sommer, wie es im Herbst weitergeht, weiß ich nicht. Das macht mich etwas unentspannt ... So treffen Sie die richtige Wahl MIT ONLINE TOOL Braun: Das kommt daher, dass im August viele Papierfabriken geschlossen haben. Wenn wir jetzt dort anfragen, sind wir schon beim Herbst. Damit aber noch nicht genug. Denn man muss Bestellungen für Mengen abgeben, in denen der Preis nicht fixiert ist. Den Papierpreis erfahren wir erst, wenn das Papier geliefert wird. Das müssen wir klarerweise auch in unseren Offerten entsprechend in Richtung unserer Kund:innen kommunizieren. Die Gültigkeit der von uns abgegebenen Preise kann über ein bis zwei Wochen nicht hinausgehen. Das bedeutet also, dass es zwei dramatische Komponenten gibt: Bekomme ich überhaupt zum benötigten Zeitpunkt das Papier, und wenn ja, zu welchem Preis ... Braun: Und es gibt sogar noch eine dritte Komponente, denn die Druckereien sind kontingentiert. Wir bekommen nicht 100 % unseres Bedarfs. Wir liegen bei 60 bis 80 % der im Vorjahr bzw. vor Corona bezogenen Papiermengen. Die Papiermengen sind einfach nicht mehr am Markt verfügbar. Wer kann unter diesen Voraussetzungen noch planen? Braun: Der Preis wird ja nicht nur bei den Papieren in die Höhe getrieben. Auch bei den Druckplatten. Auch diese Kosten haben sich fast verdoppelt. Der Aluminiumpreis ist extrem gestiegen. Und wir verbrauchen übers Jahr doch an die 180.000 m² Aluminium. Da kommt sortimenterbrief 7–8/22 Wie sich das alles ausgehen soll, weiß ich auch nicht ... Niemand kann in eine Kristallkugel schauen. Aber müsste ich darauf wetten, würde ich sagen, dass die Papierpreise noch mehr steigen und nie wieder auf das alte Niveau zurückkehren. Wie sehen Sie das? Braun: Wir sind mit den Papierpreisen sicher noch nicht am Zenit angelangt! Und eine Umkehr der Preisentwicklungen wird vielleicht erst dann einsetzen, wenn es keine Abnehmer:innen mehr gibt. Bei den Verpackungen sieht es viel besser aus. Manche Papierfabriken haben von Papier- auf Kartonagenproduktion umgestellt. Die massiv gestiegenen Onlineverkäufe während der Pandemie haben sicherlich auch dazu beigetragen. Da ist der Bedarf an Verpackungsmaterial explodiert. Durch die Umstellungen fallen Millionen von Tonnen aus der Papierproduktion. Die fehlen jetzt. Wäre es eine empfehlenswerte Strategie, alle Bücher auf eine Papierart umzustellen, diese zu kaufen und entsprechend zu bevorraten und sie je nachdem, wofür man sie braucht, heranzuziehen? Egal, ob für Novitäten oder unvorhergesehene Nachdrucke ... Braun: Ja, Papier-Standardisierung ist eine gute Strategie. Dadurch ist man deutlich flexibler. Für den Einkauf großer Papiermengen braucht es aber auch entsprechende Lagerkapazitäten ... Vielen Dank für das Gespräch! 43 Spontan aus dem Bauch heraus oder doch rational? Wie Sie mit der richtigen Methode gute und fundierte Entscheidungen treffen, erfahren Sie in diesem Buch. Rüdiger von Nitzsch, Florian Methling REFLEKTIERT ENTSCHEIDEN 224 Seiten · 22,00 Euro ISBN 978-3-96251-140-1 www.fazbuch.de Mohr Morawa Buchvertrieb Tel. 00 43 / 16 80 14-0 bestellung@mohrmorawa.at


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