© Privat Wonach kann man sich als Konsument:in richten, wenn es um die Klimaveränderungen geht? Wer lügt – und wer nicht? Ossi Hejlek im Gespräch mit Bernd Spatzenegger »Es kann sich nicht ausgehen, die gefassten Klimaziele bis 2050 zu erfüllen« Sie behandeln im Buch eine ziemliche Bandbreite an relevanten Themengebieten und Fakten in Bezug auf den Klimawandel und damit zusammenhängenden Energiebelangen. In welchen Segmenten sind Sie beruflich tätig? Spatzenegger: Ich bin seit 1995 im Bereich der Errichtung von Energieanlagen tätig. Das waren zu Beginn viele konventionelle Kraftwerke. In den letzten 28 Jahren kam ich viel in Europa herum, arbeitete am Balkan, in Italien, England, Finnland ... sah viele Anlagen, lernte die Energiewirtschaft aus zahlreichen Blickwinkeln kennen. Die Nationen nähern sich dem Thema Energie nicht nur unterschiedlich – sie haben auch unterschiedliche Grundeinstellungen. Mein Job besteht im Wesentlichen darin, dass ich Fachteams zusammenstelle, Spezialist:innen, die man braucht, um Energieanlagen zu errichten. Ich manage die Teams bis zur Fertigstellung. Dabei erhielt ich Einblicke in die unterschiedlichsten Herangehensweisen, Hintergründe und Zusammenhänge. Spatzenegger: Die Schlussfolgerung, die man nach der Lektüre des Buches ziehen kann, die ich auch für mich gezogen habe: Jeder und jede kann bewusster mit dem persönlichen Energieverbrauch umgehen – die Effekte sind jedoch überschaubar. Es gibt Studien, die besagen, dass die individuelle Verhaltensänderung lediglich 5 bis 10, vielleicht 15 % ausmacht – wenn man Strom oder Gas betrachtet. Natürlich ist es gut, dass wir alle im jeweiligen Bereich Energie sparen, maßgeblich werden aber die großen Energie-Investitionen in die Zukunft sein – Wärmepumpen, Elektrifizierung, E-Mobilität, Netze, Speicher. China und Indien wollen die Klimaziele bis 2060 bzw. 2070 umgesetzt haben. Abzuwarten bleibt, wie es zuvor Europa mit den bis 2050 gesteckten Zielen ergehen wird. Österreich und Deutschland wollen die Ziele sogar schon 5 bis 10 Jahre schneller erreichen ... Wie erreichbar sind die Emissions-Ziele – für Europa? Spatzenegger: Sie sind in diesem Zeitkorsett einfach nicht machbar. Notwendige Technik, Personal, Genehmigungsprotokolle, fehlende Rohstoffe ... eine lange Liste – viel Notwendiges ist schlichtweg nicht vorhanden. Was bedeutet das 2- bzw. 1,5-Grad-Ziel? Spatzenegger: Es wurde im Klimaabkommen von Paris formuliert, dass die Klimaerwärmung bis zum Ende des Jahrhunderts maximal 2 Grad ausmachen darf – gegenüber vorindustrieller Zeit. Bei den Verhandlungen verlangten dann Inselstaaten, dass das Ziel sogar auf 1,5 Grad herabgesetzt wird, da durch den Anstieg des Meeresspiegels mit einem Untergehen der Inseln zu rechnen ist. Sie schreiben aber im Buch, dass es uns bis zum Ende des Jahrhunderts nicht 20 sortimenterbrief 3/23
wir müssen die co2-emissionen auf null stellen einmal gelingen wird, 3 Grad zu halten – von bis 2050 ganz zu schweigen ...? Spatzenegger: Ich habe versucht, mich an seriösen Quellen in Sachen Klimawandel wie dem Weltklimarat zu orientieren. Das ist eine UNO-Organisation, die im Abstand von mehreren Jahren alle Studien bewertet, die zum Thema herausgekommen sind, deren Plausibilität überprüft. Ich habe diese Fakten mit den Klimazielen der Länder kombiniert und im Buch beschrieben, warum es sich nicht ausgehen kann. Der wesentlichste Faktor ist: Asien und Afrika haben andere Prioritäten. Was ist die Konsequenz daraus? Spatzenegger: Das ist die große Frage. Geht die Welt unter, wird die Menschheit vernichtet? Nein – das wird nicht passieren. Die Welt wird lebenswert bleiben. Dennoch werden die Auswirkungen dramatisch sein. Steigt die Temperatur international um 3 Grad, wird die Erwärmung bei uns im Alpenraum deutlich stärker sein – vielleicht doppelt so hoch –, das sagen Wissenschaftler:innen. Die Stabilität unserer Berge wird darunter leiden, wir werden eventuell auch ein Problem mit dem Grundwasser bekommen ... Wie sich die Erwärmung auf die Niederschläge auswirkt, da ist sich die Wissenschaft noch nicht einig. Sicher sind sich alle, dass die Wetterextreme zunehmen werden. Durch die höhere Temperatur wird mehr Feuchtigkeit in der Luft sein, das ist ein physikalisches Faktum. Ist mehr Wasser in der Luft, kann dieses schlagartig irgendwo runterkommen ... Heute gibt es in Österreich zum Beispiel viele Fichtenwälder. Für die sind höhere Temperaturen kein geeigneter Lebensraum. Auch die Tierwelt wird mit der schnellen Veränderung in so kurzem Zeithorizont nicht umgehen können. Da sind wir Menschen kurzfristig viel anpassungsfähiger. Sie schreiben, dass es eine gute Maßnahme wäre, wenn wir uns mit Schutzmaßnahmen beschäftigen würden. Spatzenegger: Ja, denn wir werden die Ziele nicht erreichen. Um den Klimawandel zu stoppen, also um die Temperaturerhöhung zu stoppen, reicht es definitiv nicht aus, dass wir Emissionen reduzieren. Selbst wenn wir die Emissionen verringern, wächst das Problem weiter – nur langsamer. Das Ziel ist, keine Treibhausgase mehr auszustoßen. Erst dann stoppen wir den Klimawandel. CO2 baut sich in der Atmosphäre erst in einem Zeitraum von 150 Jahren ab. Daher müssen wir davon ausgehen, dass die Veränderungen leider eintreten werden. Ich habe in Ihrem Buch gelesen, dass 2021 Temperaturmessungen Werte aufgewiesen haben, die bereits extrem waren: Sizilien 48,8 Grad, in der Antarktis Spitzenwerte von über 18 Grad ... Spatzenegger: Und es wird schlimmer werden. Daher müssen wir einerseits Emissionen verringern und uns andererseits auf die Veränderungen vorbereiten. Ein Kapitel beschäftigt sich mit der Mobilitätswende. Wie stehen Sie den E- Autos gegenüber? Spatzenegger: Die E-Mobilität wird eine große Rolle spielen. Beispielsweise sollen 2035 nur mehr E-Autos zugelassen werden ... Diese Zeitspanne ist viel zu kurz! Es darf bei all den Überlegungen auch nicht alleine der CO2- Ausstoß in Betrieb eines Fahrzeugs betrachtet werden. Man muss den ganzen Zyklus auf dessen Umweltfreundlichkeit hin evaluieren. Von der Produktion über die Herkunft des Betriebs-Stroms bis hin zur Entsorgung – auch der Batterien ... Welche Rolle wird Wasserstoff in der Zukunft spielen? Spatzenegger: Wasserstoff hat viel Potenzial, ist aber sehr teuer. Er wird daher vor allem dort zum Einsatz kommen, wo die Elektrifizierung nicht funktioniert. Wie sollte man an eine grundsätzliche Optimierung herangehen? Spatzenegger: Das, was schnell zu ändern ist, sollte sofort angepackt werden – die leichteren 70–80 % sind Wind, Fotovoltaik, Geothermie etc. Bei den schwierigen 20–30 % wird es richtig harte Arbeit, weil es ans Eingemachte gehen wird, ans Geld und unseren Wohlstand! Wir Europäer:innen sind nicht allein auf der Welt: China, Indien und viele andere werden es uns nicht leicht machen. Wie sehen die Energieperspektiven für Europa aus? Spatzenegger: Wir werden neben Energieeinspartechnologien wie Wärmepumpen oder Elektrifizierung in Mobilität und Industrie eine Vielfalt von Lösungswegen anwenden müssen, das geht von Windkraft, Fotovoltaik, Geothermie und Biomasse bis zu den Großtechnologien wie Wasserstoff und Carbon Capture. Viele Länder werden auch auf Atomkraft setzen. Und wir werden diversifizieren müssen, bei den Energie-, aber auch den Rohstoffquellen. Die Energiewende funktioniert nicht im Sprint, sie ist ein generationenübergreifender Marathon. Herzlichen Dank für das Gespräch! Bernd Spatzenegger Die Energielüge. Warum das Klimaziel eine Illusion ist und wie wir die Wende trotzdem meistern 328 Seiten, Hardcover, 978-3-7110-0325-6 € 28,– | ecowing, ET: März sortimenterbrief 3/23 21
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Erscheint am 16. März Von Walther
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