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sortimenterbrief märz 2023

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Das österreichische Branchenmagazin für Buchmarkt, Buchverkauf und Buchwerbung. Ausgabe März 2023.

© Julia Schaefer Foto

© Julia Schaefer Foto Teresa Petrovitz im Gespräch mit Sibylle Hunger So gelingt eine gesunde, nachhaltige Ernährung mit fermentierten Lebensmitteln Frau Hunger, in Ihrem neuen Buch Gemüse und Obst einfach fermentieren aus dem AT Verlag schreiben Sie, dass Sie über ein Familienritual mit der Kunst des Fermentierens vertraut wurden. Wie sah dieses aus? Hunger: Meine Eltern hatten einen großen Gemüsegarten und darin bauten sie unter anderem Weißkohl an. Im Herbst wurde dann geerntet. Sie holten dann immer ein großes 50-Liter-Fass aus dem Keller, das für das Sauerkraut vorgesehen war. Der Weißkohl wurde gehobelt, mit Salz vermengt und ins Fass gestampft. Gerade weil das Fass und die Menge des Sauerkrauts so groß war, war dieses Ritual für mich jedes Jahr wie ein Fest, ein tagesfüllendes Abenteuer. Das Kraut stand danach zum Fermentieren über Wochen im Keller, und es war immer besonders aufregend für mich, meine Mutter zum Kosten in den Keller zu begleiten, den Deckel zu öffnen und zu probieren, ob es schon fertig war. Das war ein magischer Moment für mich und hat mich auch insofern beeinflusst, als ich schon als Kind das frische rohe Kraut gekostet habe. Die meisten kannten damals nur das Kraut, das bereits gekocht auf dem Teller serviert wurde. Haben Sie das Fermentieren und all das Wissen, das in Ihr Buch einfließt, in Eigenregie erlernt? Hunger: Mehr oder weniger. Das Ritual meiner Eltern mit dem Sauerkraut habe ich dann für mich allein weitergeführt, nachdem ich ausgezogen war. Irgendwann habe ich begonnen, auch andere Gemüsesorten und Obst zu fermentieren. Ich habe viel herumexperimentiert, nachgefragt, ausprobiert und so viele neue Erfahrungen gesammelt, die zu meinen Rezepten in diesem Buch geführt haben. Lebensmittel-Trends gibt es ja mittlerweile unglaublich viele. Was sind Ihrer Meinung nach Gründe, sich für das Fermentieren zu entscheiden und sich diese Technik genauer anzusehen? Hunger: Eines der wesentlichen Argumente ist für mich neben gesundheitlichen Aspekten die Nachhaltigkeit, die für immer mehr Menschen wichtig wird. Für das Fermentieren braucht man so gut wie keine Energie, keine Hitze, kein Kochen. Mit den richtigen Behältern ist nicht einmal das Kühlen im Kühlschrank notwendig. Fermentieren ist wohl die energieärmste Möglichkeit, Speisen zuzubereiten und haltbar zu machen. Welche gesundheitlichen Benefits bringt Fermentiertes mit sich? Für wen bietet sich das Essen an? Hunger: Bekannt sind Sauerkraut und Co. für ihren positiven Einfluss auf die Darmgesundheit, die Verdauung, das Mikrobiom und das Immunsystem. Fermentierte Speisen sind zudem für diejenigen ideal, die sich kalorienarm ernähren wollen. Dabei ist besonders hervorzuheben, dass Fermentiertes auch in kleineren Mengen sehr satt macht. Der Prozess der Fermentation ist sehr spannend: Wie Sie auch in Ihrem Buch ausführen, handelt es sich dabei um einen Umwandlungsprozess, bei dem Mikroorganismen und Enzyme dazu führen, dass ein Rohstoff umgewandelt wird, in Säure, Gase oder Alkohole. Wer fermentiert, muss für die optimalen Bedingungen sorgen, sodass dieser Prozess gut vonstatten gehen kann. Das ist am Anfang vielleicht überfordernd. Hunger: Mein Buch beginnt bei null und ist auch für alle gedacht, die noch gar keine Erfahrungen mit dem Fermentieren gemacht haben. Ich gebe die wichtigsten theoretischen Grundlagen und für alle Einsteiger:innen auch zwei Grundrezepte vor, die einen perfekten Einstieg bieten, nicht überfordern und 24 sortimenterbrief 3/23

fermentista aus leidenschaft garantiert gelingen. So kann man langsam ins Fermentieren eintauchen und ein Gefühl dafür entwickeln. Beim Fermentieren geht es ja auch vor allem darum, die Zeit und dabei viele Bakterien arbeiten zu lassen, die den Prozess der Fermentation ermöglichen. Für Anfänger:innen wird das Kosten dann vielleicht zur Mutprobe. Kann man hier ernsthaft Schaden nehmen, wenn man etwas falsch gemacht hat? Hunger: Hier sollte man seinen Sinnen vertrauen. Wenn beim Fermentieren wirklich etwas schiefgegangen ist, würde man das merken, durch Anzeichen wie Beläge oder Schimmel. Wenn man sich an die Rezepte hält, wenn sich langsam Säure entwickelt, wenn es blubbert und sprudelt, dann ist das Gemüse oder Obst auch sicher haltbar gemacht worden und schmeckt und ist genießbar. Salz spielt beim Fermentieren eine der Hauptrollen. Unter den Spezialist:innen gibt es unterschiedliche Meinungen, welches Salz man verwenden soll. Was ist Ihre Empfehlung? Hunger: Ich verwende immer schon natürliches Steinsalz. Manche schwören auf Meersalz, hier bin ich aber vorsichtig, weil wir mittlerweile wissen, dass unsere Meere sehr verschmutzt sind und so Unerwünschtes in unsere Nahrung gelangen kann. Wichtig ist auch, dass das Salz kein zugesetztes Fluor oder Jod Sibylle Hunger Gemüse und Obst einfach fermentieren Rezepte und Grundwissen für sicheres Gelingen 248 Seiten, Fotos, Hardcover 978-3-03902-189-5, ca. € 35,– AT Verlag, ET: 27. März enthält. Je naturbelassener, desto besser. Das gilt gleichermaßen für die Fermentier-Behältnisse. Was ich bevorzuge, sind einfache Rex-Gläser. Zu empfehlen sind auch die traditionellen Tontöpfe. Was ich nicht verwende, ist Plastik, weil dadurch Verunreinigungen möglich sind. Neben dem Theorieteil enthält Ihr Buch viele ansprechende Rezepte, von Obst über Gemüse bis hin zu Spezialitäten. Was sind Ihre Highlights? Hunger: Was ich immer wieder toll finde, sind die eingelegten Radieschen, ich nenne sie im Buch „Paradieserl“. Sehr mag ich auch mein Bayrisches Kimchi. Eine abgewandelte Version der koreanischen Spezialität? Hunger: Das Rezept besteht auch bei mir in erster Linie aus Chinakohl, dazu kommen Ingwer aus heimischem Anbau, Paprika, Knoblauch und Chili. Außerdem empfehle ich die fermentierte Rote Beete, die durch das Säuerlich-Süße einen unwiderstehlichen Geschmack entwickelt und außerdem eine tolle Farbe hat, die man wiederum zum Färben und Anreichern von anderen Rezepten verwenden kann. Ein Geheimtipp ist die Flüssigkeit, die Lake, die beim Fermentieren entsteht. Sie schmeckt sehr gut als Saft für zwischendurch oder auch als Beigabe zu Salatdressings, und sie ist eine super Würzalternative. Mit Ihrem Wissen rund um das Fermentieren sind Sie auch in den sozialen Medien aktiv und machen Kurse. Hunger: Sofern es die Zeit zulässt, bin ich sehr gerne auf meinen Kanälen unter dem Namen „GmiasHunger“ unterwegs. Ich trete dort auch in Austausch mit anderen. Außerdem starte ich im Frühling einen interaktiven Online-Kurs zum Fermentieren, bei dem es viel Wissenswertes zu entdecken gibt. Herzlichen Dank für das Gespräch! sortimenterbrief 3/23 25


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