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sortimenterbrief märz 2023

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Das österreichische Branchenmagazin für Buchmarkt, Buchverkauf und Buchwerbung. Ausgabe März 2023.

© Verlagsbüro

© Verlagsbüro Schwarzer Ossi Hejlek im Gespräch mit Dr. Peter Autengruber »36 Jahre Buchbranche sind genug. Als Autor mache ich weiter!« Im März erscheint die neue Auflage Ihres Buches Lexikon der Wiener Gemeindebauten ... Autengruber: Die erst Auflage kam vor etwa zehn Jahren im Verlag Styria heraus. Mittlerweile habe ich die Rechte vom Verlag zurückbekommen. Relativ rasch fand ich dann im Wundergarten Verlag einen idealen Partner. Dort ist auch mein Buch Lexikon der Wiener Straßennamen – mittlerweile schon in beachtlicher dritter Auflage – lieferbar. Das passte natürlich hervorragend zusammen. Meine Co-Autorin, Dr. Ursula Schwarz vom Dokumentationsarchiv des Österreichischen Widerstands, war auch gleich damit einverstanden. Gibt es einen aktuellen Anlass für die Neuauflage? Autengruber: Ja, im heurigen Jahr werden 100 Jahre Gemeindebau gefeiert. Im Jänner 1923 stand die Finanzierung des Gemeindebau-Programms. Im September 1923 startete man dann mit der Umsetzung, und die ersten Gemeindebauten entstanden. Es ist aber nicht nur eine Neuauflage? Autengruber: Nein, das Buch ist vollkommen neu konzipiert. Der Wundergarten Verlag hatte sehr gute Optimierungsideen, die wir umsetzten. Neben der Geschichte des Gemeindebaus haben wir einige wichtige Gemeindebauten vorangestellt und beschrieben – darunter den Sandleitenhof, der in der Zwischenkriegszeit der größte Wiener Gemeindebau war, gemessen an seinen beachtlichen 5000 Wohneinheiten. Das war eine Stadt in der Stadt. War der Sandleitenhof auch der erste Gemeindebau in Wien? Autengruber: Nein, der erste war der Metzleinstaler Hof in Margareten, der 1920 eröffnet wurde. Der bekannteste Gemeindebau ist der Karl-Marx-Hof in Döbling, der 1930 fertiggestellt wurde – mit 1382 Wohneinheiten. Ein weiterer von uns beschriebener Gemeindebau ist der Karl- Wrba-Hof in Favoriten. Dieser zählt nicht 42 sortimenterbrief 3/23

100 jahre wiener gemeindebau zu den schönsten Höfen, dafür bietet er eine interessante Vorgeschichte. Bei Gemeindebauten muss man sich stets fragen, was vor den großen Bauten dort stand. Manchmal waren es alte Bauten, die abgerissen wurden. Leider waren es auch nicht selten Kleingartenanlagen, die dem Gemeindebau zum Opfer fielen. Im Falle des Karl-Wrba-Hofs befand sich vor der Errichtung auf dessen Platz der größte Favoritner Kleingartenverein. Der Bau begann Mitte der 1970er Jahre. Natürlich gab es große Aufregung bei den Kleingärtner:innen und vehemente Proteste. Es wurde recht geschickt und letzten Endes auch erfolgreich gegen die Absiedelung prozessiert. Dass sie verloren haben, liegt auf der Hand, sonst würde dort heute nicht der Karl-Wrba- Hof stehen. Aber die klagende Partei gewann insofern, als der damalige Wiener Bürgermeister Leopold Gratz die Vorgänge stoppte, Gespräche suchte und entsprechende Ablösen, Ersatzgründe und Ähnliches anbot. Das war fortan auch beispielgebend für spätere größere Bauvorhaben in Wien – wie etwa den U-Bahnbau in den 1990er Jahren, bei dem man sehr früh mit den betroffenen Anrainer:innen Gespräche suchte. Sie beschreiben aber nicht nur die Anfangszeiten des Gemeindebaus und seine wichtigsten Vertreter. Auch dem Gemeindebau der jüngeren Zeit ist im Buch Platz eingeräumt ... Autengruber: Wir beschäftigten uns auch mit dem Gemeindebau-Neu. 2004 stellte die Gemeinde Wien den Gemeindebau ein. Der letzte war im 23. Bezirk in der Rößlergasse in Liesing. 2015 begann man dann wieder mit der eigenen Errichtung von Gemeindebauten. Man beschloss den Bau von 2000 Gemeindebauwohnungen und forcierte den Genossenschaftsbau sowie den sozialen Wohnbau. Bei der Revitalisierung alter Bauten wurde pro Etage eine Wohneinheit für Wiener Wohnen bzw. für Gemeindebaumieter:innen reserviert. Dazu gehören beispielsweise welche Bauten? Autengruber: Etwa der Barbara-Prammer-Hof mit 120 Wohnungen in Favoriten. Es sind zwischen zehn und 15 neue Gemeindebauten, die mittlerweile fertiggestellt und bezogen wurden. Natürlich sind auch diese Gemeindebauten im Buch beschrieben. Das ist der springende Punkt beim Lexikon der Wiener Gemeindebauten. Es gibt etwa 1800 Gemeindebauten in Wien. Davon sind rund 400 Gemeindebauten benannt. Eben diese 400 kommen im Buch vor, da es uns auch um die Namen ging, die wir erklärten. Außerdem haben wir die Denkmäler, Sehenswürdigkeiten, Kleinode und Kunstwerke, die in den Innenhöfen zu finden sind, beschrieben. In der Billrothstraße im 19. Bezirk gibt es beispielsweise den Kopenhagen-Hof, der 1959 mit über 400 Wohneinheiten eröffnet wurde. Er befindet sich auf dem Gelände einer ehemaligen Bierbrauerei, die im Zweiten Weltkrieg zerstört wurde. Hier findet man im Innenhof eine beachtliche Menge von Kunstwerken, die auch gut beschrieben sind – mit kleinen Tafeln an den Objekten, Brunnen, Plastiken etc. Das ist nicht überall so. Haben Sie sich im Buch auch der Kunst gewidmet? Autengruber: Wir haben auch einige Künstler:innen hervorgehoben und beschrieben. Es gab nämlich Künstler:innen in den 1950er bis 1960er Jahren, wie etwa Alfred Hrdlicka, die in jungen Jahren für Gemeindebauten künstlerisch tätig waren, bevor sie später richtig bekannt wurden. Von Hrdlicka stammt beispielsweise ein Brunnen im Kopenhagen-Hof. Der Gemeindebau und somit die Stadt Wien als Auftraggeber war in der damaligen Zeit sehr wichtig für das Überleben vieler junger Künstler:innen. Wir haben beispielsweise das Künstlerehepaar Pippal beschrieben. Hans Robert Pippal fertigte viele Mosaike für Gemeindebauten an. Seine Frau Eugenie Pippal-Kottnig war Architektin. Deren Tochter, Martina Pippal, half mir mit Informationen und Abbildungen. Sie selbst war Universitätsprofessorin an der Universität für angewandte Kunst. Wir haben einige Architekt:innen im Buch porträtiert, bei denen uns wichtig war, Licht- und Schattenseiten zu dokumentieren. Wir konnten zwar auf der 2013 erschienenen Erstauflage aufbauen, doch es kam Neues dazu, vieles davon musste vor Ort neu recherchiert werden. Wir stießen manchmal in den Höfen auf Kunstwerke, die laut dem Verzeichnis von Wiener Wohnen gar nicht dort sein dürften. Vice versa sind Kunstwerke gelistet, die es vor Ort nicht mehr gibt. Manchmal tauchen Denkmäler auch an anderen Orten wieder auf. Mit 1. Februar haben Sie Ihre Pension angetreten. Was jetzt? Autengruber: Ja, 36 Jahre Buchbranche sind genug. Der ÖGB Verlag muss jetzt ohne mich auskommen (lacht). Als Autor bleibe ich der Branche jedoch erhalten. Außerdem habe ich jetzt auch mehr Zeit für Buchpräsentationen. Herzlichen Dank für das Gespräch! Peter Autengruber, Ursula Schwarz Lexikon der Wiener Gemeindebauten Namen, Denkmäler, Sehenswürdigkeiten 288 Seiten, Broschur, 978-3-903070-20-2, € 24,90 | Wundergarten Verlag, ET: März sortimenterbrief 3/23 43


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