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sortimenterbrief Mai 2019

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Das österreichische Branchenmagazin für Buchmarkt, Buchverkauf und Buchwerbung. Ausgabe Mai 2019

© Buchkultur Ossi

© Buchkultur Ossi Hejlek im Gespräch mit Buchkultur-Herausgeber Michael Schnepf Bild: Michael Schnepf, Max Freudenschuß, Hannes Lerchbacher 30 Jahre Buchkultur Ein Abenteuer mit Erfolg Die Buchkultur wurde vor 30 Jahren gegründet. Wie kam es dazu? Waren Sie damals alleine? Schnepf: Wir waren zu dritt, Arbeitskollegen bei den heute legendären Zeitschriften Basta und Rennbahnexpress, dort haben wir Schlussredaktion und Produktion besetzt. Nils Jensen, Manfred Kriegleder und ich. Damals waren unsere Werkzeuge noch Reprokamera, Leuchttisch, Sprühkleber und Stanleymesser. Heute unvorstellbar. Wenn wir auf Satzfahnen warteten, haben wir geblödelt, politisiert und Ideen gewälzt. Daraus ist die Buchkultur entstanden. Übrigens mit Wissen und Starthilfe der Fellner-Brüder. Wir durften die ersten Ausgaben auf unserem Arbeitsplatz produzieren. Unter tags Job, in der Nacht Buchkultur. Es war eine dichte, aber tolle Zeit! Wie war die Ausrichtung zu Beginn – wofür steht Buchkultur heute? Schnepf: Wir wollten von Beginn an ein Magazin für Buchleser machen. So wie wir uns das vorstellten, gab es das nicht. Keine Literaturzeitschrift mit Primärtexten, keine Kundenhefte mit Werbetexten, sondern kritisch, unabhängig, vielfältig. Diese Redaktionsrichtlinie hat sich eigentlich bis heute nicht geändert. Ein Schwerpunkt lag und liegt natürlich in der Belletristik, Kinderbuch und Sachliteratur war von Anfang an in jeder Ausgabe dabei und uns wichtig. Ein wesentlicher und aufwendiger Teil unserer Arbeit ist die Auswahl der Bücher. Was finden wir wichtig, welche Entdeckungen und Schmankerln möchten wir unseren Lesern zeigen, die sie sonst kaum finden würden, wann ist es angebracht, auch einen Verriss zu schreiben. Diese Zusammenstellung macht die Buchkultur aus. Eine subjektive Vorauswahl, die man mit Garantie woanders nicht findet. Nicht umsonst haben 96 % unserer Leser angegeben, ihre Lesetipps vorrangig aus der Buchkultur zu beziehen. Ist die Arbeit der Redaktion heute anders als früher? Schnepf: Ja, definitiv, da hat sich vor allem eines geändert: Der Ruf nach Aktualität wurde größer, wir können nicht mehr aus Vorschauen Rezensionsexemplare bestellen, in Stapeln gedruckter Bücher stöbern, daraus Texte anlesen. Das läuft heute alles digital, der Aufwand für unseren Chefredakteur Hannes Lerchbacher ist dadurch erheblich größer. Vorab-Fahnen als PDF dienen zur Vorauswahl, die Bücher, die wir in einem Heft vorstellen, sind topaktuell und noch in kaum einem anderen Publikumsmedium zu finden. Diese Schnelligkeit nimmt zwar bei der Arbeit ein wenig vom Spaß, ist aber für ein Zielgruppen-Medium wie die Buchkultur unerlässlich. War es schwierig im Laufe der Jahre? Schnepf: Die Anfangsjahre konnten wir wirtschaftlich nur überstehen, 12 sortimenterbrief 5/19

jubiläumsinterview indem wir andere Aufträge hatten. Schreibjobs, grafische Arbeiten etc. Rasch entwickelten wir auch ein eigenes Produktumfeld, buchhändlerische Werbemittel, Bücher, Branchendienstleistungen. Davon haben wir uns teilweise wieder verabschiedet. Denn es wurde immer deutlicher, dass das Magazin Buchkultur unser wirkliches Kernprodukt ist, das eine Nische erfolgreich ausfüllt und darin eine treue, stabile und homogene Leserschaft erreicht. Die letzten Jahre waren geprägt von einem Rückzug der öffentlichen Hand aus dem Kulturbereich, das bedeutet natürlich für den gesamten Kunstsektor keinen Rückenwind und auch wir haben Aufträge und Projekte verloren. Andererseits haben speziell uns die neuen Medienentwicklungen in die Hände gespielt: Agieren in Communities, Aufwertung der redaktionellen Qualität, Ansprache einer scharf definierten Zielgruppe. Wie versteht sich die Buchkultur mit der Onlinewelt? Schnepf: Wir haben seit den ersten Stunden große Affinität zu den neuen Medien gehabt. Das zeigt auch die Gründung der ARGE Multimedia im Buchhandel im Jahre 1996. Wir wollten schon damals, dass sich die Buchbranche als Inhaltsvermittler eine zentrale Rolle auch bei den digitalen Medien aufbaut. Daher haben wir damals dem deutschsprachigen Buchhandel kostenlose Multimedia-PCs organisiert, Telefon-Hotlines angeboten und mit der Frankfurter Buchmesse die Multimedia- Hallen konzipiert. Das Magazin Buchkultur selbst ist digital als ePub im Online-Buchhandel und als ePaper im Online-Kiosk erhältlich. Wir sprechen Menschen an, die im stationären oder Online-Buchhandel einkaufen, im gedruckten oder digitalen Buch lesen. Neben Facebook, Twitter und Instagram betreiben wir einen Newsletter, den „Buchkultur-Bücherbrief“, zu dem wir von unseren Lesern wirklich tolle Rückmeldungen bekommen. Wir merken also auch heute: Buchkultur und Online verstehen sich bestens! An welche Momente und Highlights erinnern Sie sich gerne zurück? Von der ersten Ausgabe zur aktuellen Buchkultur-Ausgabe Nr. 183 Schnepf: Ich erinnere mich besonders gut und gerne an ein Erlebnis im Jahr 1994. Ein Telefonanruf – am anderen Ende der Leitung ist Christian von Zittwitz. Ich kannte ihn nur vom Lesen, den großen Chef vom BuchMarkt. Dieses Branchenblatt war damals für mich die Bibel, ich habe Wissen über die Branche herausgezogen, Hintergründe aus der Geschichte gelernt. Und jetzt ruft er mich an. Er wolle mich treffen, würde nach Wien kommen für ein Gespräch mit mir, denn er findet es ziemlich bemerkenswert, was wir da machen. Und er ist wirklich gekommen, um mich zu treffen. Sein Rückflug ging bereits drei Stunden später, so sind wir nicht mal in die Wiener City gefahren, sondern gleich bei der nahen Trabrennbahn Freudenau in ein abgefahrenes, morbides Wirtshaus gefallen. Nach einem intensiven Gespräch ging es zurück zum Flieger. Dem Christian werde ich das nie vergessen. Das ehrliche Interesse an uns, seine Anerkennung unserer Arbeit, das war eine Wertschätzung, die ich aus Österreich kaum kannte. Im Rahmen der heurigen Leipziger Buchmesse feierten Sie das Jubiläum gebührlich. Wie war’s? Schnepf: Das war ein wirklich feines Fest! Ich bin ja sonst nicht so der große Party-Mensch, es kam jedoch von derart vielen Seiten der Input: zu 30 Jahren musst du schon was machen. Und dann hat sich der Max Freudenschuß dahintergeklemmt und alles organisiert. Das war einfach perfekt, wie man am Ergebnis gesehen hat und an den vielen total netten Rückmeldungen, die ich bis heute bekomme. Ja, ein richtig schönes Fest war das! Wo sehen Sie die großen Themen der Gegenwart – aber auch der Zukunft am Sektor Buch? Für Verlage, aber auch für den stationären Handel. Schnepf: Es gibt in der Tat einige Herausforderungen in allen Segmenten der Branche. Auf die einzugehen, würde den Rahmen unseres Gesprächs sprengen. Aber eines möchte ich grundsätzlich schon sagen: Ich sehe vieles nicht so negativ und problembehaftet, wie es in der Gesellschaft oftmals dargestellt wird. Kinder würden generell kaum mehr lesen, das elektronische Buch verdrängt die gute, alte Lesekultur, damit auch den stationären Buchhandel und so weiter und so fort ... Gegen diesen verallgemeinerten Pessimismus verwehre ich mich bei jeder Gelegenheit! Aber eine Entwicklung, die ich bei manchen Verlagen beobachte, möchte ich dennoch erwähnen: Diese ist, dass wieder einmal die Betriebswirtschaftler das Programm prägen. Das gab es schon mal zur Millenniumswende und wir haben uns gefragt: Wo sind die Verlegerpersönlichkeiten? Letztendlich hat es damals nicht geklappt und es wird auch in Zukunft nicht der richtige Weg sein. Ein großer Koch kreiert neue Gerichte nicht aus Rezeptanleitungen und ein guter Verleger entwickelt Ideen nicht aus der Excel-Datei. Danke für das Gespräch! sortimenterbrief 5/19 13


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