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sortimenterbrief Mai 2020

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Das österreichische Branchenmagazin für Buchmarkt, Buchverkauf und Buchwerbung. Ausgabe Mai 2020.

story.one

story.one Sonderthema-Krimis library & Thrillerof life Wenn Thomas Vitzthum zu Hause oder in seinem Korneuburger Lokal Cooktown die Decke auf den Kopf fällt, beginnt er zu schreiben. Er schreibt an seinen Buchmanuskripten – und mit Entzücken gerne auf der Geschichtenplattform story.one: Geschichten, die das Leben schreibt ... Earitation „Stört Sie das nicht im Alltag?“, fragte mich der HNO-Arzt ungläubig beim Betrachten meines Audiogramms. Seine in tiefe Runzeln gefaltete Stirn hob die Kopflampe in meine Richtung und blendete mich, wie bei einem Polizeiverhör. „Naja“, gestand ich nach kurzem Zögern, „meine Umwelt mehr als mich“, versuchte ich meiner offensichtlichen Schwerhörigkeit mit Humor entgegenzuwirken. Der Arzt klappte den Stirnreflektor – begleitet durch ungläubiges Kopfschütteln – hoch, schaltete routiniert die Lampe aus und füllte mit nahezu aggressiven Handbewegungen eine Verordnung für einen Hörbehelf aus. Ich bedankte mich – ein wenig verunsichert – und schlich aus der Praxis. Zu Hause angekommen, heftete ich unter Jubelgeschrei meiner Familie die Verordnung auf die Kühlschranktür. Tatsächlich war die Kommunikation mit mir nicht immer ganz einfach. Unsere befreundeten Nachbarn, die mich als sympathischen und hilfsbereiten »Mir gefällt an story.one, dass man sich konzentrieren muss, weil einem nur 2.500 Zeichen zur Verfügung stehen – dadurch ufert man nicht aus und die Geschichte bleibt spannend. Man sieht, wie viele Menschen eine Geschichte gelesen haben, wem sie gefällt, kann interagieren, sich austauschen. Im Moment habe ich zwölf Geschichten eingestellt. Meine jüngste nimmt Bezug auf die letzten Wochen der Krise, „Corona Alpha Omega“.« Thomas Vitzthum Zeitgenossen schätzen, wunderten sich garantiert, dass mit mir so oft geschrien wurde. Telefonate endeten meist damit, dass ich mich während des einseitigen Gespräches freundlich verabschiedete und wunderte, dass mich Leute anriefen und mir dann nichts zu sagen hatten. Täglich betrachtete ich den Verordnungsschein und versprach ihm hoch und heilig, dass ich ihm bald Gehör schenken würde. Meine Familienmitglieder schienen auch einigermaßen beruhigt zu sein. Schon bald zog aber der Sommer in seiner gewohnten Stille ins Land. Die Verordnung verlor im Laufe der Zeit einige Positionen im streng hierarchischen Ranking auf der Kühlschranktür und verschwand allmählich unter dem Kalender der Müllabfuhr. Kurz vor Schulbeginn nahm ich dann all meinen Mut zusammen und betrat das vor kurzem eröffnete Tonstudio. Ich schob einer Angestellten wortkarg den ausgebleichten Zettel über den stylischen Tresen und fand mich wenige Augenblicke später zu einem weiteren Hörtest in einem Nebenraum wieder. „Ihre Verordnung ist leider schon über ein Jahr alt, daher müssen wir den Test wiederholen“, lächelte sie mir zu. Nach intensivem Beratungsgespräch, Ausfüllen von Dutzenden Formularen und Abnahme von Ohrabdrücken entschied ich mich für ein jugendliches, unauffälliges Bluetooth-System ohne Batterien. Bereits zwei Wochen später wurde ich zur Anprobe geladen. Etwas unbeholfen drückte ich mir meine Hightechgeräte in die Ohrmuscheln und schreckte zusammen. Der Umgebungslärm fegte wie ein Tropensturm in mein Mittelohr und ließ meine Trommelfelle mit 300 bpm vibrieren. Meine Krallen fuhren aus und ich hechtete mit drei Sätzen auf die Straße. Ein geistesgegenwärtiger Autofahrer sprang in seine Bremspedale und rettete mir so eines meiner sieben Leben. Ich stellte meine Nackenhaare auf, fauchte durch die Windschutzscheibe und flüchtete über sein heißes Blechdach in die Nacht. © Thomas Vitzthum Kontakt zu Thomas Vitzthum: hrundivbakshi@gmx.net 14 sortimenterbrief 5/20

uchhandel in coronazeiten Zach: Das ist höchst spannend. Bei Belletristik, Krimis, Taschenbuch oder Lebenshilfe hatten wir sogar Zuwächse zum Normalgeschäft zu verzeichnen. Dafür haben sich unsere zwei starken Standbeine in Form von Kinderbuch und Theologie halbiert. Die Institutionen geben uns hier im Alltag ein hohes Maß an Sicherheit, brechen sie weg, spürt man es umso stärker. Aus dem Homeoffice wird nicht bestellt. Ossi Hejlek im Gespräch mit Mag. Gerhard Zach Buchhandlung Herder, Wien » Online alleine kann geschlossene Institutionen nicht aufwiegen« Wie waren die ersten Eindrücke, als der Lockdown ausgerufen wurde? Zach: Die Online-Bestellungen sind sofort bei uns eingegangen, aber das war ein schwacher Ersatz dafür, dass alle Institutionen weggebrochen sind: Bibliotheken, Kindergärten, Schulen, Pfarren ... Wir versuchten, mit vielen kleinen Sendungen die fehlenden Großbestellungen zu minimieren. Die Menschen nutzten aber den Weg der Online-Bestellungen umfangreich? Zach: Wir hätten zwar mit Mitte April wieder aufsperren dürfen, entschieden uns aber dafür, den Welttag des Buches als Termin wahrzunehmen. Gestern war ein sehr guter Tag im Geschäft, heute ist Stillstand. Die Frequenz in der Wollzeile ist durch die noch geschlossenen Gastronomie-Flächen sehr beeinträchtigt. Haben Sie bei den Online-Bestellungen gewisse Genre-Präferenzen festgestellt? Auf Facebook war Herder besonders im Kinderbuchbereich noch aktiver als sonst ... Zach: Das stimmt. Wir hatten regelmäßig Vorlesestunden unter dem Titel „Magda & Lena lesen“. Magda Hassan ist auf Social Media immer sehr aktiv. Einmal haben sogar mein Bruder und ich gemeinsam aus dem Kinderbuchklassiker Du hast angefangen! Nein du! gelesen. Das hat richtig Spaß gemacht! Ihre sonstigen Erlebnisse? Zach: Wir haben die Zeit genutzt, um im Geschäft einige Adaptierungen durchzuführen. Andererseits habe ich in dieser Zeit enorm viel gelernt. Von der Bestellbearbeitung über Post-Tracking bis zur Versandorganisation. Spannend war die Unterschiedlichkeit bei den Kunden. Die Älteren waren gemächlich und froh, dass wir offen hatten, die Jüngeren hingegen konnten die Ware nicht schnell genug bekommen (lacht). Danke für das Gespräch! Zach: Interessant war, dass etwa jeder zweite Kunde ein Neukunde war. Die Postbeamten waren an den Tagen vor Ostern auch ganz schön überfordert mit der Abholung der Paketmengen. Am Spitzentag vor Ostern waren es einmal 150 Pakete. Seit wann haben Sie wieder geöffnet? sortimenterbrief 5/20 15


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