Unsere Online-Publikationen zum Blättern

Aufrufe
vor 2 Jahren

sortimenterbrief Mai 2021

  • Text
  • Sachbuch
  • Sport
  • Buchhandlung
  • Kalender
  • Portisch
  • Verlag
  • Hardcover
  • Sortimenterbrief
  • Buch
Das österreichische Branchenmagazin für Buchmarkt, Buchverkauf und Buchwerbung. Ausgabe Mai 2021.

Ossi Hejlek im Gespräch

Ossi Hejlek im Gespräch mit Ecowin-Programmleiterin Bettina Stimeder © Jork Weismann »Ich möchte das weitergeben, was ich selbst in der Zusammenarbeit mit Autoren erlebe« Sie prägen seit über fünf Jahren als Programmleiterin das Gesicht von Ecowin. Wie war es damals, nach vielen Jahren bei der Tageszeitung Der Standard, zu einem Buchverlag zu wechseln? Stimeder: Wenn man Journalisten fragt, was sie für Pläne für die Zukunft haben, lautet die Antwort häufig: Ich werde ein Buch schreiben. Es existiert quasi von Natur aus ein Naheverhältnis von Journalismus zur Autorenschaft. Nun war ich selbst in der Rolle des Blattmachers unterwegs, das heißt, für Geschichten die richtigen Formate zu finden, dafür zu sorgen, dass sie im richtigen Kontext mit einer attraktiven Gestaltung aufblühen und gut ankommen. Da ist der Schritt zur Gestaltung eines Buchprogramms nicht weit. Der große Unterschied liegt im Timing. Der Vorlauf eines einzelnen Buchprojekts und erst recht eines ganzen Programms ist evident. Der Gedanke: „Was wird die Menschen morgen, nächste Woche, nächsten Monat bewegen?“ wird abgelöst durch: „Was interessiert die Menschen in einem oder zwei Jahren?“ Die berühmte Kristallkugel gibt es nicht. Gestützt auf die Fakten und vernünftige Prognosen, braucht es vor allem ein Gefühl für die Entwicklungen. Darüber hinaus ist das Buch das wertigste Produkt der gesamten Medienwelt. Es überdauert den Tag, die Woche, das Monat. Es enthält das Herzblut des Autors und die professionelle Zuwendung von Sprachprofis, Designern, Marketing- und PR-Spezialisten. Wie spüren Sie Themen auf? Worauf legen Sie bei der Ecowin-Programmlinie besonderen Wert? Stimeder: Intensive Medienbeobachtung ist natürlich unabdingbar. Aber die wird in vielen Jahren Journalismus ohnehin zum „Grundnahrungsmittel“. Dazu kommt in unserer Zeit die Beobachtung der sogenannten Sozialen Medien. Die Popularitätskurven, die man hier findet, sind äußerst attraktiv. Was sie für das Thema Buch bedeuten können, verdient allerdings eine nüchterne Betrachtung. Das Gefühl für die sogenannten Zeitläufte bleibt die besondere Zutat. Agenturen, die dieses auch schätzen, sind natürlich Partner in der Programmarbeit. Ecowin legt den Fokus auf das relevante Sachbuch. Diese Relevanz ist das Ergebnis eines Schwungrads, getrieben vom richtigen Autor mit dem richtigen Thema zur richtigen Zeit. Für Ecowin ist das natürlich in erster Linie der österreichische Autor mit dem in Österreich wichtigen Thema zur richtigen Zeit. Bei internationalen Themen, die auch die Leser hierzulande beschäftigen, arbeite ich selbstverständlich mit internationalen Lizenzgebern. Ist etwa ein amerikanischer Präsident wegen seines außerordentlichen Verhaltens mehr als üblich im Fokus des globalen Interesses, ist es sinnvoll, einen Autor unter Vertrag zu nehmen, der an dem Thema nahe dran ist. Was waren die Highlights „Ihrer“ Autoren der letzten Jahre? Wie ist die Arbeit mit sogenannten „big names“? 34 sortimenterbrief 5/21

Stimeder: Jeder Autor ist ein Highlight. Mit einem Autor in einen derart intensiven Austausch von Gedanken und Worten einzutreten, ist jedes Mal ein Privileg. Die Intensität und das monatelange gemeinsame Arbeiten an einem Projekt ist ein Privileg, egal, ob die „names“ „big“ oder „not so big“ sind. Menschen auf diese Art kennenzulernen, ist die größte Freude an meinem Beruf. Autoren sind so individuell, dass die Trennlinie „big“ versus „small“ nicht greift. Ein großes Highlight war sicher, mit Reinhold Mitterlehner sein Buch Haltung zu erarbeiten. Einen Kommunikationsprofi mitzuerleben, wie er das Tor zu dem öffnet, was zuvor noch nie gesagt wurde, war an sich schon bemerkenswert. Mit der Vorstellung des Titels zu erleben, wie ein Buch zum Leitmedium werden kann, war außergewöhnlich. Kein Buch funktioniert nach Schema F. Mit dem Ecowin- Erfolgsautor, dem Psychiater Reinhard Haller, habe ich intensive Diskussionen über einzelne Wörter in Titeln und Untertiteln, die letztlich den Weg des gesamten Buchs vorzeichnen. Ich hatte das große Glück, mit unserem Autor Hugo Portisch dessen letztes Buch Russland und wir zu erarbeiten. Es ist ein Jahr her, dass wir in seinem Wohnzimmer ein Gespräch über das Wohl und Wehe des Umgangs europäischer Staatenlenker mit dem russischen Präsidenten hatten. Solche Gedanken zu verfolgen, Thesen beim Gegenüber abzutesten, gemeinsam neue Aspekte abzuwägen – das war auch für Hugo Portisch „Grundnahrungsmittel“. Manche Autoren lehren den Programmmacher auch Dinge jenseits der Worte. Ein sehr prominenter Österreicher, an dessen Biografie ich derzeit arbeite, etwa entscheidet nur aufgrund von Bauchgefühl. Wie viel Autoren-Initiative braucht das Sachbuch? Stimeder: Ein erfolgreiches Sachbuch entsteht aufgrund einer Partnerschaft auf Augenhöhe. Wo die Initiative liegt, ist nicht der springende Punkt. Dass man nach der Initialzündung dasselbe Bild vom Buch vor Augen hat und an einem Strang zieht, ist das Entscheidende. Unser Autor Markus Hengstschläger etwa hat mir erklärt, dass er nur dann ein Buch schreibt, wenn er sich sicher ist, dass die Zeit dafür reif ist. Und der Erfolg seines jüngsten Buchs Die Lösungsbegabung gibt ihm recht. Unter den derzeitigen Verhältnissen, geprägt von Pandemie, Unsicherheit und Desorientierung, braucht es die allseitige Besinnung auf neue Impulse, ein neues Konzept für Innovation. Das Stichwort Innovation führt uns zu den mittlerweile nicht mehr so neuen Medien, den sozialen Kanälen. Im Rahmen einer umfassenden Medienbeobachtung werfe ich auf der Seite des Programms, ebenso wie die Kollegen im Marketing- und PR-Bereich, regelmäßig einen Blick in die sozialen Netzwerke. Programmseitig ist wichtig zu wissen, welche Personen bzw. welche Themen stehen da hoch im Kurs. Aber – wie an anderer Stelle gesagt – die Höhe von Zugriffszahlen, das Volumen an Followership sind mitunter zwar sehr attraktiv. Aber da wird nicht automatisch das gesicht hinter dem programm Aus dem Ecowin-Programm: Hugo Portisch, Russland und wir, 978-3-7110-0274-7, € 20,– I Reinhold Mitterlehner, Haltung, 978-3-7110-0239-6, € 24,– I Reinhard Haller, Rache, 978-3-7110-0234-1, € 24,– ein erfolgreiches Buch draus. In der Arbeit für das Buch nach Erscheinen kann die Präsenz auf den sozialen Kanälen sehr wirkungsvoll sein. Aber da sind meine Kollegen von Marketing und PR am Steuer. Wie viele Titel betreuen Sie pro Jahr in welchen Verlagslabels? Stimeder: Es entstehen zwischen zehn und fünfzehn Büchern. In erster Linie natürlich bei Ecowin. Im Programmteam pflegen wir einen lebendigen Austausch von Ideen und geben gerne „Gastspiele“ in anderen Labels. So durfte ich zu meiner großen Freude mit dem Weltklasse-Segler Santiago Lange für seine Autobiografie Wind bei Pantauro zusammenarbeiten. Was wollen Sie mit Ihren Büchern erreichen? Stimeder: Ich möchte mit Büchern Menschen erreichen. Ich möchte das weitergeben, was ich selbst in der Zusammenarbeit mit Autoren erlebe. Die Arbeit an Reinhard Hallers soeben erschienenem Buch war mehr als ein Lektorat. Ich spüre als erster Leser die Wirkung dieses Autors, seiner Gedanken. Und ich merke, wie sich meine Sichtweise ändert, neue Ideen und neue Horizonte entstehen. Und dies – quasi als Vermittler – den Lesern weiterzugeben, ist mein Motor. Kann man schon über Ecowin Herbst- Highlights sprechen – was kommt? Stimeder: Es wird sich viel um die Autobiografie von Gerry Friedle/DJ Ötzi drehen. Ein Mann, den alle kennen, aber den man erst mit diesem Buch richtig kennenlernen wird. Danke für das Gespräch! sortimenterbrief 5/21 35


sortimenterbrief

Copyright 2023 | All Rights Reserved | Verlagsbüro Karl Schwarzer Ges.m.b.H.
Empfehlen Sie uns weiter!