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sortimenterbrief Mai 2022

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Das österreichische Branchenmagazin für Buchmarkt, Buchverkauf und Buchwerbung. Ausgabe Mai 2022.

debütroman der

debütroman der niederösterreichischen autorin − geschrieben und habe im Rahmen meiner hauptberuflichen Tätigkeit als Grafikerin immer mehr getextet. Gerade in den letzten zwei Jahren haben sich die Vorteile des Schreibens gezeigt: Schreiben ist immer und überall möglich, auch unter den widrigsten Umständen. Ihr erster Roman ist eine spannende und schwarzhumorige Lektüre rund um den liebevoll gezeichneten Protagonisten Adolf Schweiger. Durch eine verhängnisvolle und außergewöhnliche Romanze mit seiner Kindheitsliebe Hanni gerät sein Leben aus den Fugen. Welchem Genre würden Sie Ihr Buch zuordnen? © Attila Palkovics Advertorial Teresa Petrovitz im Gespräch mit Veronika Bauer Ein besonderer und kluger Blick auf die Menschen – und eine tragikomische Liebesgeschichte Frau Bauer, Der Busführer ist Ihr erster Roman. Wie sind Sie zum Schreiben gekommen? Bauer: Schon als Kind war es mein Traum, irgendwann im kreativen Bereich tätig zu sein. Ich war mir nur noch nicht sicher, auf welchem Gebiet genau. Ich schwankte zwischen Malerei, Schauspiel und dem Schreiben und konnte mich lange nicht entscheiden, habe mich deshalb allen drei Disziplinen gewidmet. Am Ende habe ich mich dann für das Schreiben entschieden. Über die Jahre konnte ich verschiedene Erfahrungen sammeln: Ich habe bei Bewerben mitgemacht, habe viel zum Thema Garten − eines meiner Herzensthemen Bauer: Geplant war mein Buch ursprünglich als klassischer zeitgenössischer Roman. Letztlich habe ich dann aber auch Krimi-Elemente in die Geschichte einfließen lassen. Als große Bewunderin Dürrenmatts hat es mich gereizt, mich in diesem Genre zu versuchen. Wichtig war mir aber, eine ausgewogene Mischung aus Spannung und figurengetriebener Geschichte zu schaffen. Mein Roman hat wenig mit dem klassischen Ermittlerkrimi gemein. Am Verbrechen, in das mein Protagonist verwickelt wird, hat mich vor allem interessiert, was dazu geführt hat, welche Not und welche Motive dahinterstehen. Ihre Hauptfigur, um die sich die Geschichte entspinnt, ist ein melancholischer und einsamer Anti-Held. Trotz fortgeschrittenen Alters wohnt er noch immer bei seiner Mutter in einer Provinz-Kleinstadt. Er arbeitet als Busfahrer, seinen Alltag erhellen nur wenige Lichtblicke − und er trägt den Namen Adolf … Bauer: Mich interessieren vor allem Figuren, die zwiespältig sind und auf den ersten Blick nicht besonders oder attraktiv wirken, dann aber Unerwartetes offenbaren. Den Namen Adolf habe ich bewusst gewählt. Ich habe mich mein Leben lang gefragt, wie es sich wohl anfühlen muss, mit diesem Namen 08 sortimenterbrief 5/22

debütroman der niederösterreichischen autorin durch das Leben zu gehen. Dieser an sich schöne und wohlklingende Name wirft lange Schatten und übt eine unheimliche Macht aus. Ich selbst habe mir während des Schreibprozesses immer schwergetan, über meinen Protagonisten zu sprechen. Wenn ich mich mit meinem Partner beim Spazierengehen über mein Buch unterhielt, habe ich stets meine Stimme gesenkt, wenn ich über meinen Protagonisten gesprochen habe. Man möchte mit diesem Namen einfach nicht assoziiert werden. Ebenso spannend war für mich die Frage: Warum tauft jemand sein Kind Adolf, welche Dynamiken, abgesehen von der dazugehörigen Gesinnung, stehen dahinter? Im Falle meines Protagonisten war das Hauptmotiv, dass der Vater sein eigenes Kind maximal erniedrigen wollte, und dies aus verschiedenen Gründen, die im Roman erklärt werden. Adolf wächst in der fiktiven Kleinstadt Merk auf, die Bewohner:innen schwanken zwischen Exzentrik, Herzenswärme und Kleingeistigkeit. Sie selbst kommen auch aus einer Kleinstadt. Konnten Sie dahingehend viel von Ihren Erfahrungen zehren? Bauer: Mit Blick auf die Lebenswelt, die Adolf umgibt, wollte ich insbesondere die Aspekte des Gefangenseins oder des Feststeckens herausstellen, die Kleinstädte so mit sich bringen können. Insbesondere wenn man so lebt wie Adolf, ist es schwer, diesem Umfeld zu entkommen. Alles um ihn ist beschränkt, jeder kennt jeden. Das hat einerseits positive Seiten: Alles ist beschaulich, es herrscht Zusammenhalt, fehlt jemand, wird das auch gemerkt. Andererseits steht man dauernd unter Beobachtung. Zudem herrscht in Adolfs Umfeld eine latente Fremdenfeindlichkeit, der sich die Zuzügler:innen ausgesetzt sehen und die auch Adolf sehr zu schaffen macht. Die Kontraste in der Kleinstadt lassen seltsame Blüten treiben. So lebt beispielsweise die Protagonistin Dunja, eine serbische Kriegsgeflüchtete, mit dem Neonazi Erwin Feichtinger zusammen. Das nationalistische Gehabe ist sie von ihrem Vater gewöhnt, sie kennt nichts anderes. Sie lässt sich in dieser Beziehung aber nicht unterkriegen und hat letztlich die Hosen an. Um Ihren Protagonisten herum finden sich generell bemerkenswerte Frauenfiguren, die mit ihrer gesellschaftlichen Rolle hadern. Veronika Bauer Der Busführer. Adolf Schweiger bricht aus 352 Seiten, Hardcover, 978-3-423-26322-1 ca. € 22,70 | dtv, ET: 18. Mai Bauer: Mit Adolf habe ich zwar einen männlichen Protagonisten gewählt, in seiner Umgebung finden sich aber fünf starke Frauen, durch alle Schichten hindurch. Sie alle haben physische oder psychische Gewalt durch Männer erfahren und mussten viel ertragen. Von Adolfs Mutter bis hin zur Kommissarin hat jede von ihnen in ihrer Form gegen die Auswüchse einer männerdominierten Gesellschaft zu kämpfen, sie alle müssen sich gegen Unterdrückung wehren und mit den Konsequenzen umgehen. Adolfs Mutter hatte beispielsweise eine furchtbare Ehe mit einem Alkoholiker, ihr Kind Adolf sieht sie deshalb als Belohnung für alles, was sie in dieser Ehe erdulden musste. Deshalb will sie ihn auf keinen Fall einer anderen Frau überlassen. Die Kommissarin hat es hingegen in ihrem von Männern dominierten Beruf und in ihrer kontinuierlichen Rolle als Affäre verheirateter Männer schwer. Auch Adolfs große Liebe Hanni ist von klein auf und in ihrer Ehe mit Unterdrückung konfrontiert, in Adolf sucht sie einen Komplizen, um ihr tragisches Geheimnis zu verbergen. Bauer: Hanni hat einen bürgerlichen Hintergrund. Da ihr Vater sehr streng war, begehrt sie nicht gleich auf, als ihr Ehemann sie in ihrer Freiheit beschneidet und immer mehr über sie bestimmen möchte. Erst als ihr Mann bei der gemeinsamen Tochter dasselbe diktatorische Gebaren an den Tag legt, setzt sie sich zur Wehr und geht dagegen vor, mit schwerwiegenden Konsequenzen. Im Laufe der Geschichte werden sich einige der Frauen direkt oder indirekt miteinander verbünden, um der männlichen Dominanz etwas entgegenzusetzen. Bei Dunja äußert sich dies zuletzt sogar in teilweise mafiösen Allüren. Sie alle tragen gemeinsam mit Adolf zum verwickelten Plot mit einem überraschenden Ende bei. Holen Sie sich für Ihr Schreiben Inspiration von anderen Autor:innen, gibt es Vorbilder? Bauer: Ich versuche, alles, was ich schreibe, in erster Linie aus mir selbst heraus zu entwickeln. Meine Leseerfahrungen wirken aber zwangsläufig unbewusst hinein. Am liebsten lese ich klassische und zeitgenössische Literatur, von Christa Wolf bis hin zu Elfriede Jelinek. Zurzeit lese ich ein Buch vom ungarischen Autor László Krasznahorkai. Wie sehen Ihre weiteren Pläne nach dieser ersten Veröffentlichung aus? Bauer: Ich bin sehr beschäftigt und arbeite bereits an zwei weiteren Büchern. Sie werden im nächsten Jahr erscheinen. Herzlichen Dank für das Gespräch! sortimenterbrief 5/22 09


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