Unsere Online-Publikationen zum Blättern

Aufrufe
vor 1 Jahr

sortimenterbrief mai 2022

  • Text
  • Neuerscheinungen
  • Kalender
  • Sachbuch
  • Bestseller
  • Buchhandel
  • Buch
  • Verlag
Das österreichische Branchenmagazin für Buchmarkt, Buchverkauf und Buchwerbung. Ausgabe Mai 2022.

verblüffende

verblüffende fähigkeiten von 72 tieren Teresa Petrovitz im Gespräch mit Josef Schöchl © Manuel Horn »Tiere haben erstaunliche und geniale Strategien entwickelt, um sich in ihrer Umwelt zu behaupten« Advertorial HR Prof. Dr. Josef Schöchl, geboren 1959 in Salzburg-Parsch als Sohn von Lebensmittelkaufleuten. Studium der Veterinärmedizin in Wien, 1986 Promotion. Amtstierarzt beim Magistrat Salzburg und beim Amt der Salzburger Landesregierung. 1994 Bestellung zum Landesveterinärdirektor. Viele Jahre verschiedene Funktionen im Zoo Salzburg, Kuratoriumsvorsitzender des Hauses der Natur Salzburg – Museum für Natur und Technik. Seit 2009 Abgeordneter zum Salzburger Landtag. Herr Schöchl, Ihr berufliches Leben steht ganz im Zeichen der Arbeit mit Tieren. Im Verlag Anton Pustet ist nun Ihr neues Buch Der Rabe und der schlechte Leumund erschienen. Was erwartet die Leserschaft in dieser Veröffentlichung? Schöchl: Mein neues Buch enthält eine bunte Sammlung von Geschichten und Anekdoten aus dem Tierreich. Im Zentrum stehen die genialen Strategien, die verschiedene Arten entwickelt haben, um sich in der Umwelt zu behaupten und ihr Überleben zu sichern. Ich habe aufgrund meiner beruflichen Arbeit mit Tieren, aber auch aus persönlichem Interesse im Laufe der Jahre unglaublich viel Wissenswertes über die Tierwelt gesammelt. Was Geschichten betrifft, bin ich ein Jäger und Sammler (lacht). Das Staunen, das die Tiere mit ihren Fähigkeiten bei mir immer wieder ausgelöst haben, wollte ich nun mit anderen Menschen teilen. Im Buch stellen Sie insgesamt 72 Tiere vor. Bereits die Titel der kurzen Episoden machen sehr neugierig. Schöchl: In den Kapitel-Überschriften zu den einzelnen Tieren habe ich von jedem Tier besondere oder verblüffende Aspekte herausgestellt, die Lust auf mehr und neugierig machen. Des Rätsels spannende Lösungen finden sich dann in den Ausführungen. Was steckt zum Beispiel hinter dem Titel „Der Mäusebussard und seine Liebe zu violett“? Schöchl: Hinter diesem Titel steckt die Tatsache, dass Mäusebussarde wie viele andere Vögel ultraviolett sehen können. Sie haben ein viel größeres Spektrum im Auge und können so andere Farben wahrnehmen als wir Menschen. Hinzu kommt eine geniale Begleiterscheinung: Die Hauptbeute von Mäusebussarden ist, wie der Name bereits verrät, die Maus. Nun ist es so, dass der Urin von Mäusen ultraviolett reflektiert. Wenn der Mäusebussard über Felder und Wiesen kreist, kann er anhand der Spuren entdecken, wo sich Mäuse befinden. Sind Spuren vorhanden, lässt er sich dort nieder und lauert den Mäusen auf. Titelgebend für Ihr Buch ist der Rabe, dessen „schlechten Leumund“ Sie enträtseln. Schöchl: Der Rabe nimmt in unserer Kulturgeschichte eine besonders interessante Rolle ein. In der Tradition hat sich der Status dieses Tieres von gottgleich zu einer fast ausschließlich negativ besetzten Charakteristik gewandelt. In der germanischen Mythologie wurde der Rabe noch verehrt, es waren schließlich die beiden Raben Hugin und Munin, die den obersten Gott Odin jeden Tag berichteten, was auf der Erde geschah und was die Menschen so trieben. Wann und warum hat sich dieser gute Ruf gewandelt? Schöchl: Der Wandel liegt vor allem in den vielen Kriegen begründet, die die Menschheitsgeschichte durchziehen. Wenn auf den Schlachtfeldern viele Tote lagen, waren die Raben nicht weit. Als Aasfresser machen Raben keinen Unterschied zwischen Aas vom Reh oder Hirsch oder vom Menschen. Auch die für Raben verwendete Bezeichnung „Galgenvögel" verweist auf einen schaurigen Zusammenhang. Wenn Menschen damals auf öffentlichen Plätzen gehängt wurden, entfernte man die Leichen zur Abschreckung oft tagelang nicht. Auch hier ließen die Raben nicht auf sich warten und nahmen die Getöteten gerne als Beute an. Raben waren also bald als die Vögel bekannt, die sich um den Galgen herumtrieben. Unter diesem schlechten Leumund leiden sie bis heute. 20 sortimenterbrief 5/22

verblüffende fähigkeiten von 72 tieren In Ihrer beruflichen Laufbahn haben Sie verschiedenste Tätigkeiten ausgeübt, eine starke Verbindung haben Sie auch zum Salzburger Zoo. Spielen Ihre persönlichen Erfahrungen mit der Tierwelt in Ihr Buch hinein? Schöchl: Meine beruflichen Erlebnisse spiegeln sich im Buch wahrscheinlich am meisten in meinem staunenden Zugang zu Tieren wider. Dieses Staunen nahm im Salzburger Zoo seinen Anfang. Ich machte dort meine ersten Arbeitserfahrungen und war zu Anfang als Hilfspfleger tätig, es war eine sehr aufregende und lehrreiche Zeit. Nachhaltigen Eindruck haben auf mich die freifliegenden Gänsegeier − die Attraktion des Salzburger Zoos − ausgeübt. Ich durfte sie manchmal füttern. Das laute Geräusch des landenden Geiers und die Nähe zu diesem an sich wild lebenden Tier waren für mich als junger Mann irrsinnig impressiv. Ganz zu schweigen vom Gefühl, das ich hatte, wenn dieses mächtige Tier hinter mir her hoppelte und so die Möglichkeit bestand, dass es mich in die Wade beißt (lacht). Mit dem Salzburger Zoo bin ich mittlerweile seit Josef Schöchl Der Rabe und der schlechte Leumund Verblüffendes aus dem Reich der Tiere 160 Seiten, durchgehend farbig bebildert, Hardcover, 978-3-7025-1057-2 € 25,– | Verlag Anton Pustet , ET: 27. Mai Jahrzehnten in vielen Funktionen verbunden, heute durch mein Amt als Aufsichtsratsvorsitzender. Der Salzburger Zoo ist mein Herzensprojekt. Im Vorwort schreiben Sie, dass Sie mit Ihrem Buch auch für Achtsamkeit bei den Menschen sorgen möchten. Es geht Ihnen darum, das fragile Gleichgewicht herauszustellen, das zwischen Tier, Mensch und Umwelt besteht. Schöchl: Wir alle, ob Mensch, ob Tier, sind untrennbar miteinander und mit dem Lebensraum um uns verwoben. Wird dieser Lebensraum zerstört oder auch nur eine Tierart aus diesem System entfernt, aus welchen Gründen auch immer, dann nimmt diese fragile Balance Schaden. Die Natur ist wie ein Uhrwerk, fehlt ein Zahnrad, funktioniert es nicht mehr. In diesem Sinne ist mein Buch tatsächlich ein persönlicher Beitrag, um aufzuzeigen: Wir müssen achtsamer werden, denn die Zerstörung der Natur hat Folgen für uns alle. Wir Menschen sind ein Teil der Natur, und wir haben Verantwortung. Es ist notwendig, dass man achtsam und mit Respekt miteinander umgeht. In Ihrer Position als Landesveterinärdirektor setzen Sie sich auch schon lange für die faire Haltung von Tieren ein. Schöchl: Als Veterinärmediziner umfasst mein Zugang zu Tieren zwei Seiten: Einerseits beschäftige ich mich mit lebenden Tieren und bin für deren Wohlbefinden zuständig. Andererseits ist der Blick auf alles, was aus Tieren hergestellt wird, Teil meines Berufsalltags, von Eiern über Käse bis hin zu Wurst. Gerade wenn es um die Nutztierhaltung geht, sind die Herausforderungen für die Hersteller:innen durch Produktionsund Preisdruck enorm. Ich setze mich schon seit Langem für eine tierartgerechte Haltung ein. Jedes Tier hat seine eigenen Bedürfnisse, und das Erfüllen dieser Bedürfnisse sollte Priorität haben. Zugleich heißt das, dass wir Tiere nicht vermenschlichen und unsere Vorstellungen nicht auf sie projizieren sollten. Wenn Tiere für uns Menschen gehalten und geschlachtet werden, dann gebietet es der Anstand, dass wir sie respektvoll behandeln. Dass Tierprodukte nicht selten zu Schleuderpreisen vermarktet werden, die den Wert des Lebens des Tieres nicht widerspiegeln, zeugt von fehlendem Respekt. Hier ist ein Umdenken nötig. Interessant ist, dass die zwei Seiten Ihres Berufsalltags − die Tierwelt und der damit zusammenhängende kulinarische Aspekt − in Ihre schriftstellerische Arbeit einfließen. Im Verlag Anton Pustet haben Sie bereits die Bücher Zu Tisch − Die kulinarische Welt historischer Persönlichkeiten und Lebensmittelgeschichte(n) veröffentlicht. Schöchl: Das Interesse an der Kulinarik ist auch meiner Herkunft geschuldet. Meine Eltern waren im Lebensmittelhandel tätig, ich hatte somit schon früh Berührung mit vielem, was mit Nahrung zu tun hat. Auch meine Doktorarbeit schrieb ich am Institut für Lebensmittelkunde. Der Thematik blieb ich bei den zwei genannten Büchern treu. Sie behandeln beide kulinarische Geschichte, einmal mit dem Fokus auf historische Persönlichkeiten und einmal mit Blick auf die Lebensmittelgeschichte. Man findet Antworten auf Fragen wie: Woher hat die Pizza Margherita ihren Namen? Woher kommt die Eiscreme? Und was hat Konrad Adenauer mit veganer Wurst zu tun? In Ihren Büchern gehen Sie also stets auf Spurensuche? Schöchl: Eine Frage, die sich durch mein gesamtes Leben zieht, ist: Warum ist es so, wie es ist? Alles hat Geschichte und Tradition, auch Lebensmittel. Wenn ich dann Bücher schreibe, möchte ich Geschichte durch „Gschichtln“ vermitteln. Nur Geschichten erlauben es uns, das Vergangene fassbar zu machen. Und Geschichten gehen nie aus. Herzlichen Dank für das Gespräch! sortimenterbrief 5/22 21


sortimenterbrief

Copyright 2023 | All Rights Reserved | Verlagsbüro Karl Schwarzer Ges.m.b.H.
Empfehlen Sie uns weiter!