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sortimenterbrief März 2019

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Das österreichische Branchenmagazin für Buchmarkt, Buchverkauf und Buchwerbung. Ausgabe März 2019

© Aleksandra Pawloff

© Aleksandra Pawloff Ossi Hejlek im Gespräch mit Georg Fraberger Eine Liebesbeziehung ist ein Tausch, bei dem ein Mensch etwas von sich gibt, um mit einem anderen Menschen mehr zu werden ... Advertorial Beim Thema Ihres Buches drängt sich die Frage auf, „Was ist Liebe?“ Fraberger: Ich erlebe als Psychologe erstaunlicherweise immer wieder Menschen, die glauben, dass Liebe und Erfolg einander ausschließen bzw., dass liebevoller Umgang miteinander Erfolg ausschließt. Daher habe ich auch den Buchtitel in dieser Form gewählt – ich bin der Meinung, dass es sich nicht ausschließt. Liebe ist eine Stimmung, die sich hauptsächlich durch ein Gefühl der Freude ausdrückt – es ist eine Stimmung, in der alle Gefühle ihren Platz haben. Die Freude ist die Hauptausdrucksform. Wie wichtig ist dabei das Wir-Gefühl? Fraberger: Alle denken sofort, dass man für die Liebe eine Beziehung braucht. Im Alltag wird die Liebe oft ausgeklammert – man orientiert sich zuerst an Disziplin und Konsequenz. Im Prinzip gibt es die Liebe auch ohne zwischenmenschliche Beziehung. Aber man braucht für die Liebe zu einem Menschen, zu seiner Arbeit, zu einem Interesse auch die Liebe zu oder für etwas. Die Vollendung in einer Liebesbeziehung ist, dass man sich auch so verstanden fühlt, wie man sich selbst versteht. Bezieht sich das Buch auf Liebe im Allgemeinen oder auf Partnerschaften? Fraberger: Das Buch bezieht sich auf Zweisamkeit, versucht aber auch aufzuzeigen, dass diese nur dann funktionieren kann, wenn man eine Liebe zur Welt, zu Menschen, zu einer Sache hat. Sonst wird alles andere feindlich betrachtet. So kommt man schnell in eine Eifersucht hinein, die die Liebe zerstört. Eine partnerschaftliche Liebesbeziehung ist das Ziel des Buches. Das gelingt nur mit einer Liebe für die Welt. Welchen Stellenwert hat die Selbstliebe? Fraberger: Man muss zumindest zu sich selbst zustimmen. Man muss zu seinem eigenen Schicksal ja sagen können. Liebt einer immer mehr? Und hat der dann stets das größere Problem? Fraberger: Nein. Nur in problematischen Beziehungen. In der Idealform lieben beide gleich. Beziehungen, wo einer mehr liebt, sind die Paare, die psychologischen Rat in Anspruch nehmen. Sie schreiben, dass auch Streit und Kränkung zu mehr Nähe führen ... Fraberger: Ich bin ein großer Freund von Aggression und ein großer Gegner von aggressivem Verhalten. Aggression und Streit treten immer dann auf, wenn man sich nicht verstanden fühlt. Der Streit hat das Ziel, Verständnis beim anderen zu bewirken. Nur in dieser Hinsicht ist Streit gut. So wird er auch zum Klebstoff zwischen zwei Menschen. Was kann, sollte ausdiskutiert werden. Ist Alltag eine Chance oder macht er krank? Fraberger: Der Alltag und die Regelmäßigkeit an sich sind keine grundsätzliche Gefahr. Vielleicht muss man manchmal um seine Freiheit kämpfen. Wenn einer dem anderen gegenüber Alltag und Pflichten definiert, so wäre dadurch jeder Streit so gut wie ausgeschaltet. Manchmal ist es auch wichtig, einen diesbezüglichen Streit vom Zaun zu brechen. Die große Gefahr der Liebe ist die Banalität, die Selbstverständlichkeit im Nehmen. Was den Alltag in einer Beziehung betrifft, so ist es auch enorm wichtig, so genannte Feste zu feiern. Im Buch vergleiche ich Fest auch mit Sexualität. Wer regelmäßig Feste feiert, kann dabei auch den Alltag vergessen. Ansonsten geht man ein. Die 28 sortimenterbrief 3/19

novitäteninterview körperliche Nähe ist eine der wenigen Ausdrucksformen, wo man alle Sorgen vergessen kann. Solche Zeiten braucht man. Ist Liebe hart zu erarbeiten? Fraberger: Man muss seinem Alltag auch die gebührende Wertschätzung einräumen – zu erledigenden Pflichten eine Wertschätzung geben. Der Körper kennt keine Arbeitszeit und keine Freizeit. Er kennt nur eine Lebenszeit. Man muss die Pflicht genauso würdigen wie einen Feiertag, damit man die Wertschätzung gegenüber der Pflicht spürt, gegen die man sich eigentlich so sehr wehrt. Durch Wertschätzung bekommt auch die Zeit der Pflichterfüllung eine Qualität. Paare, bei denen Wertschätzung nicht geteilt wird, beginnen sich auseinanderzuleben, überlegen, wo sie mehr Wertschätzung bekommen. Nähe versus Distanz. Wie wichtig ist die Distanz in der Liebe? Fraberger: Nähe kann man nur dann zulassen, wenn man auch ein gewisses Maß an Distanz zueinander hat. Sobald Nähe zur Abhängigkeit wird, wird sie als unangenehm erlebt. Und man sucht die Distanz. Es ist wichtig, sich stets daran zu erinnern, dass man freiwillig da ist. Dann kann man sich auch seinen und den gemeinsamen Alltag und Nichtalltag aussuchen. Was tun, wenn der Wunsch auf Nähe auf den Wunsch nach Distanz trifft? Fraberger: Es ist beides richtig. Keiner darf beginnen, den anderen schlecht zu machen. Beide müssen lernen alles auszuhalten. Ein Wunsch nach Distanz muss kein Zeichen von fehlender Liebe oder von Liebesentzug sein. Es ist nur der Wunsch nach einer Pause. Oder derjenige braucht mehr gemeinsame Stimmung, damit er Nähe zulassen kann. Wie geht man mit Kränkungen um? Fraberger: Kränkungen sind heilbar. Auch wenn wir dem anderen in der Regel die Schuld geben – der andere ist nie schuld an meinem Gefühl. Das Gefühl entsteht im eigenen Körper. Kränkung und Eifersucht sind kein Paarproblem. Sie sind das Problem des einzelnen Menschen. Genauso verhält es sich auch mit Gefühlen wie Angst und Depression. Wenn jemand oft gekränkt ist, so ist das wie viele kleine Selbstverletzungen zu verstehen. Wer kränkt, versucht dem anderen etwas mitzuteilen, versucht zu provozieren. Oft ist die Kränkung der letzte Ausweg, um dem anderen mitzuteilen, „Sieh doch, wie schlecht es mir geht.“ Die Engländer gehen sprachlich besser als wir damit um. Sie unterscheiden zwischen remember und remind. Wir kennen nur das Erinnern. Remind wäre eher im Sinn des Erinnertwerdens. Mit Erinnerungen kann man aktiv positiv umgehen, indem man klar sagt, „Das erinnert mich an ... das möchte ich aber nicht mehr ...“ Nicht zielführend wäre es, sich jedes Mal auf das alte Gefühl der erlittenen Kränkung einzulassen, ihm Raum zu geben. Dann wiederholt sich alles unendlich. Was sind echte, was unechte Beziehungen? Fraberger: In einer echten Beziehung wird man verstanden, so wie man ist. Wenn eine Beziehung ein Mittel zum Zweck ist, ist sie eine unechte. Woher weiß man, ob es Liebe ist? Fraberger: Wissen kann man es nicht. Man kann es nur spüren. Liebt man, kann man vom anderen gar nicht genug bekommen. Es gibt nichts Schöneres. Ist die Liebe kaputt, wenn Liebesbeweise ausbleiben? Fraberger: Das glauben fälschlicherweise viele. Tatsächlich handelt es sich dann aber um fehlendes Vertrauen in den anderen. Nicht zwangsläufig um fehlende Liebe vom anderen. Ich kann dich nur lieben, wenn ... ich Sicherheit habe, dir vertrauen kann ... Welche Systematik steckt da dahinter? Fraberger: In einer echten Liebesbeziehung gibt es kein „wenn, dann ...“ Wenn Bedingungen an eine Beziehung geknüpft werden, ist das schon in Ordnung. Aber auch hier gilt, das Vertrauen kommt aus einem selbst, nicht vom anderen. Am Ende des Buches haben Sie die acht Gebote als Rezept für die große Liebe zusammengefasst. Was ist für Sie sonst ein wichtiger Punkt? Fraberger: Wenn man Beziehungsprobleme hat und diese mit der besten Freundin, dem besten Freund bespricht, oder mit einem Familienmitglied ..., dann kommt das einem Verrat an der Nähe gleich. Damit zerstört man sie. Eine gewisse Intimität hat man nur mit einer einzigen Person. Und nur dort sind diese Probleme zu besprechen. Danke für das Gespräch! Georg Fraberger Erfolgreich lieben. Wie man ein glückliches Paar wird und es bleibt 192 Seiten, Hardcover mit Schutzumschlag, 978-3-7017-3467-2, € 22,– | Residenz ET: 12. März www.residenzverlag.com sortimenterbrief 3/19 29


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