© Conbook Verlag Ossi Hejlek im Gespräch mit Conbook-Verleger Matthias Walter »Die Krise hat auch uns im Verlag verändert – unsere Denk- und Herangehensweise bei der Planung von Reisebüchern« Veronika Wengert, Jörg Dauscher Nachtzugreisen Die schönsten Strecken Europas ca. 224 S., Hardcover, 978-3-95889-416-7 € 25,70 (A), Conbook, ET: Mai Wie geht es dem Conbook Verlag in diesen schwierigen Zeiten? Walter: Heute mittlerweile besser als vor einem Jahr. Nach dem katastrophalen ersten Coronajahr hofften wir, 2021 wieder einiges am Reisebuchmarkt nach vorne bringen zu können. Nach zwei düsteren ersten Monaten merkten wir 2021 dann langsam, dass mit den richtigen Konzepten – im Rahmen dessen, was am Reisebuchmarkt möglich ist – doch wieder einiges zu bewegen war. Wir brachten beispielsweise den Reise- Bildband In Deutschland um die Welt. Abenteuer aus allen Kontinenten, für die wir nicht in die Ferne reisen müssen heraus. Das Werk wurde jetzt aktuell auch mit dem ITB Award ausgezeichnet. Der Erfolg mit diesem Buch ließ uns auf einen wieder vorhandenen Markt vertrauen. Wir merkten auch, dass Reiseerzählungen gut funktionieren, da diese weniger von der tatsächlichen Durchführung einer Reise abhängen. In unserem Frühjahrsprogramm 2022 bewegen wir uns mit unseren Publikationen thematisch nicht aus Europa heraus. Wir sind sehr zuversichtlich, da auch die Vorbestellungen wieder stärker sind. Trotzdem war und ist es problematisch? Walter: Conbook kommt aus der Ecke „Fremde Länder und Kulturen“, also Fernreisen – ein großer Themenbereich umfasste Asien. Die Backlist leidet seit März 2020. Die Titel haben sich bis heute nicht erholt. Das ist wirklich ärgerlich. Problematisch ist, dass wir nun ohne diesen Umsatzsockel aus den Backlistverkäufen neue Konzepte entwerfen und Produktionen neuer Titel vorfinanzieren müssen. Wir hatten einige Reihen, konnten früher gute Backlistumsätze generieren, waren gar nicht so stark von Novitäten getrieben. Das gilt seit zwei Jahren nicht mehr. Außerdem kämpfen wir mit der Überalterung. So sehr veralten die Titel doch nicht ... 42 Walter: Damit gemeint ist weniger das inhaltliche Veralten. Es ist aber natürlich schwer, Titel, denen in Coronazeiten der Markt entzogen wurde, wieder hervorzuholen. Dafür ist die Anzahl neuer Bücher zu groß. Und Sie haben vollkommen recht: Ein Kulturreiseführer Japan ist zwei Jahre nach Erscheinen noch genauso aktuell, so schnell verändern sich die Kulturen nun auch wieder nicht. Außersortimenterbrief 3/22
dem aktualisieren wir unsere Titel in regelmäßigen Abständen. Sonst hätten wir Longseller, wie den Fettnäpfchenführer Japan, nicht zwölf Jahre lang sehr gut verkaufen können. Es gilt also, viel Neuaufbauarbeit im Programm zu leisten? Walter: Wir können nicht einfach weitermachen wie vor der Krise. Es gilt einmal mehr, in neue kreative Konzepte zu investieren und diese mutig auszuprobieren. Das war beispielsweise beim erwähnten Titel In Deutschland um die Welt der Fall. Der war nicht geplant, sondern eine Reaktion auf die Krise. Andererseits haben wir viel Geplantes verschoben und schnell unseren gesamten Produktionsoutput verkleinert. Und ja: Die Krise hat auch uns im Verlag verändert – unsere Denk- und Herangehensweise bei der Planung von Reisebüchern. Man muss nicht immer in die Ferne reisen, um kreative, exotische Inhalte zu bieten. Wir werden mehr für Deutschland und Europa machen – Fernziele werden mit oder ohne Corona im Programm reduziert. Welches Programmkonzept verfolgen Sie aktuell? Walter: Einerseits sind viele Titel eine Antwort auf die neuen Anforderungen am Reisemarkt. Andererseits haben wir aber den Anspruch, dass jeder einzelne Titel unique, besonders wertvoll und stimmig ist, seine Existenzberechtigung und seine spezielle Zielgruppe hat. In unserem Programm sollen sich besondere Werke finden. Wir haben viele Ideen – doch müssen wir im Moment viel schneller die Publikationen realisieren, als wir es historisch gewohnt sind. Außerdem ist es in diesen kreative konzepte machen uns zuversichtlich Tagen noch schwerer vorauszusehen, was in acht Monaten am Reisebuchmarkt funktionieren wird ... Eine Ihrer Ideen ist die neu erscheinende Reihe Reise-Hacks ... Walter: Wir nennen die Reise-Hacks auch „geschenkfähige Bücher“. Im April erscheinen fünf Bände: Reise- Hacks für Hundemenschen, für Laufbegeisterte, für frisch gebackene Eltern, für Klimabewusste und auch für Nackte. Beispielsweise ist Nudismus im Reisebereich ein wachsendes, heute schon großes Thema. Die FKK-Szene wird jünger, der Trend, Freikörperkultur zu leben, wächst stetig. Die Bücher haben einen hohen Nutzwert, sind Ratgeber für die jeweiligen Zielgruppen – auch mit einem gewissen Augenzwinkern. Die Titel sind alle vollfarbig und illustriert. Wenn die ersten Bände so gut ankommen, wie wir uns das vorstellen, haben wir eine lange Liste für weitere Themen in der Schublade. Wir haben das Konzept für die Reihe selbst im Verlag entwickelt und große Freude bei der Arbeit an den Büchern. Nachtzugreisen werden auch zum Trendthema am Reisesektor? Anita Vetter, Reise-Hacks für Hundemenschen, ca. 96 S., Hardcover, 978-3-95889-419-8, € 10,30 (A), Conbook, ET: April Sandy Neumann, Speiseführer Südfrankreich, 30 typische Speisen, ein Blick in die Töpfe und Tipps für Märkte und Restaurants in der Region Provence-Alpes-Côte d’Azur ca. 192 S., Softcover, 978-3-95889-398-6, € 15,40 (A), Conbook, ET: April Walter: Wir wollten dieses Thema mit unserem Reisebildband besetzen. Viele Strecken werden wiederbelebt und neu ausgebaut. Zugreisen haben grundsätzlich an Relevanz gewonnen. Wir haben den Anspruch, ein schönes Buch zu machen – es wird ein großformatiger Bildband, der zu den 25 bis 30 relevantesten europäischen Strecken die notwendigen Informationen liefert. Der Nutzwert muss für die Leser gegeben sein, wenn sie die Strecken bereisen möchten. Nachtzugreisen sind ein Trendthema – das spiegelt sich auch in der starken Rezensionsnachfrage der Medien wider. Wir versuchen immer etwas zu schaffen, das es am Markt noch nicht gibt, zeitgemäße Themen aufzuspüren ... Die Speiseführer sind auch ein entsprechendes Beispiel für Ihre Herangehensweise? Walter: Das Konzept habe ich vor zwei Jahren im Rahmen eines Familienurlaubs auf Kreta entwickelt. Ich fragte mich, warum es keine konsequenten Ergänzungen zu den klassischen Reiseführern gibt, die mir authentische Kulinarik aus der Region vermitteln. Ich fahre ja nicht nach Kreta, um ein Schnitzel zu essen. Ich bin sehr froh, dass wir jetzt mit Mallorca und Südfrankreich im Frühjahr starten können. Für den Herbst sind New York und Kreta bereits in Planung. Wir nehmen dabei die 30 authentischsten Speisen der Region, erzählen Historisches dazu, geben Restaurant-Tipps, präsentieren Märkte – bringen Bezugstipps für daheim. Die Autoren laufen uns aktuell regelrecht die Bude ein ... (lacht). Das bringt verlegerische Zuversicht für die kommenden Jahre ... Danke für das Gespräch! sortimenterbrief 3/22 43
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