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sortimenterbrief november 2022

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Das österreichische Branchenmagazin für Buchmarkt, Buchverkauf und Buchwerbung. Ausgabe November 2022.

automodelle in zeitlos

automodelle in zeitlos eleganten porträts Teresa Petrovitz im Gespräch mit Walter Pangerl Die Schönheit und Präzision der Miniatur © Stephan Wyckoff Herr Pangerl, in Car Stills werden nun erstmals Ihre einzigartigen Modellauto-Porträts in Buchform im Verlag Anton Pustet veröffentlicht. Viele Ihrer großen Leidenschaften sind in Car Stills vereint: Autos und Automodelle, die Fotografie, Design und Architektur. Wie und wann sind diese Facetten Teil Ihres Lebens geworden? Pangerl: Bereits in meiner frühen Kindheit interessierte ich mich glühend für Autos und auch für Design. Ich erinnere mich, dass ich schon als kleiner Bub die jährlichen oder zweijährlichen Modellwechsel oder Änderungen an den Karosserien bestimmter Automarken begeistert verfolgt und beobachtet habe, auch mit kritischem Blick. Haben Sie dieses Interesse aus sich selbst heraus entwickelt oder gab es jemanden, der Sie beeinflusst hat? Pangerl: Es gab keine Mentor:innen, meine Eltern hatten auch kein Auto, so wie die meisten Menschen zu dieser Zeit. Wenn ich von meiner Kindheit spreche, befinden wir uns in den 50ern, in den Nachkriegsjahren, in denen nur wenige Auserwählte ein Auto besaßen und noch viel Armut herrschte. Vielleicht entwickelte sich gerade durch dieses Fehlen meine Bewunderung für Autos, diese Sehnsucht, die dann in gewisser Hinsicht in meiner Sammelleidenschaft von Modellautos zum Ausdruck kam. Beruflich haben Sie allerdings andere Wege eingeschlagen. Pangerl: Nach der Schule fing ich an, beim Magistrat Linz zu arbeiten, obwohl ich lieber Architektur in Wien studiert hätte. Für meine Eltern war dies jedoch nicht leistbar. Ich arbeitete dann fünf Jahre lang im Amt für Presse und Fremdenverkehr, wo ich das Glück hatte, sehr feinsinnige Menschen um mich zu haben. Danach kündigte ich zur Verwunderung aller und ging mit einem Stipendium nach Wien, um endlich Architektur zu studieren und aus der Gewohnheit auszubrechen. Das Studium habe ich zwar nicht abgeschlossen, aber gerade was Gestaltung und die kulturellen und psychologischen Aspekte der Architektur betrifft, unglaublich viel gelernt. Sie sind dann bei der Burghauptmannschaft gelandet, wo Sie für die Betreuung der Wiener Bundesmuseen zuständig waren. Wie und wann haben Sie die Fotografie für sich entdeckt? Pangerl: Die Fotografie hat mich seit meiner Jugend fasziniert. Mit etwa zwölf Jahren lieh ich mir die Leica meines Advertorial 72 sortimenterbrief 11/22

automodelle in zeitlos eleganten porträts Schwagers, um meine Spielzeugautos zu fotografieren. Wie heute bemühte ich mich, sie auf meinen Fotos so echt wie möglich aussehen zu lassen. Und ich legte Wert auf eine dramatische Inszenierung. Die Spielzeugautos wurden bald von Modellautos abgelöst. In jedes neue Modellauto war ich schwer verliebt und jedes Mal begeistert von der Detailgenauigkeit, von bestimmten Elementen oder Formen des Modells. Meine Fotos gingen so immer über das reine Dokumentieren hinaus. Ich wollte in ihnen das festhalten und hervorheben, was mich besonders faszinierte. Irgendwann hatte ich die Idee, Fotos als Hintergründe zu verwenden und so historische Gebäude, bestimmte Orte und Autos harmonisch miteinander in Verbindung zu setzen. Ab den 2000er Jahren intensivierte ich sowohl meine Sammelleidenschaft als auch meine fotografischen Versuche. Nicht selten arbeitete ich bis tief in die Nacht an meinen Kompositionen und traf dann am nächsten Morgen recht unausgeschlafen in der Arbeit ein, was ich stets zu verbergen versuchte (lacht). In Ihrem Buch ist Ihre unorthodoxe Arbeitsweise sehr schön beschrieben: Ihr Studio ist ein kleiner Esstisch. Pangerl: Dieser kleine Esstisch in einem meiner Wohnzimmer hat mir stets gute Dienste geleistet. Wenn ich fotografiere, ist er vollgepackt mit Büchern, Kisten und Aufbauten, damit ich in bequemer Haltung fotografieren kann. Meine Lampen dienten mir in verschiedener Form als Scheinwerfer. Walter Pangerl Car Stills. Modellautos in großer Pose 176 Seiten, durchgehend s/w bebildert, Hardcover ISBN 978-3-7025-1072-5, € 29,– Verlag Anton Pustet, ET: November Zu Ihrem Buch haben auch drei renommierte Kulturjournalist:innen Essays beigetragen, die sich Ihrem Werk aus verschiedenen Blickwinkeln annähern. Hermann Schlösser schreibt, dass Sie für Ihre Fotos jene Marken gewählt haben, die den Mythos Auto besonders bedingt haben: den Jaguar, den Alfa Romeo oder diverse Lancias. Was macht den Mythos Auto, der auch Sie verführt hat, aus? Pangerl: Es sind so viele Elemente, die das Mythische des Autos befeuert haben. Neben der Wohlstands-Symbolik waren Autos für mich immer auch ein Ausdruck der Lust des Menschen, selbstbestimmt mobil und beweglich zu sein. Zugleich ist jedes Auto aus einem technischen Blickwinkel eine bewundernswürdige Ingenieursleistung, auf die wir mit neugierigen Augen blicken. Die Suche nach dem idealen Auto, der viele Menschen in der Autoindustrie immer wieder verfielen und die oft zu finanziellen Fiaskos führte, hatte ebenfalls etwas Mythisches an sich. Hinzu kommt für Sie nicht zuletzt die ästhetische Dimension, wobei zeitgenössische Modelle und Designs nicht in Ihrem Portfolio zu finden sind. Pangerl: Heute haben alle Autos technisch das Optimum erreicht, gesucht wird deshalb nach einem möglichst individuellen Design, um sich abzuheben. Autos müssen wild und gefährlich aussehen, manchmal nimmt dieser Zugang barocke Ausmaße an. Früher gab es zwischen den verschiedenen Automarken viel größere technische Unterschiede. Der technische Kern jeder Marke war individuell, die Hülle wurde so harmonisch und schlicht wie möglich gestaltet – oder höflich, wie ich gerne sage. Die Modelle, die ich im Buch zeige, werfen einen Blick zurück auf diese zeitlose Eleganz und Harmonie, die ich übrigens auch in der Gestaltung des Buches widergespiegelt sehe. Vom Lektor und der Grafikerin bis hin zu den vielen gestaltenden Kräften im Hintergrund bin ich allen sehr dankbar für ihr Zutun. Herzlichen Dank für das Gespräch! sortimenterbrief 11/22 73


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