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sortimenterbrief Oktober 2019

Das österreichische Branchenmagazin für Buchmarkt, Buchverkauf und Buchwerbung. Ausgabe Oktober 2019

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novitäteninterview © privat Mit ihrem Buch will sie aufrütteln und aufzeigen, was schiefläuft in unserer Gesellschaft! Klimawandel, Umweltzerstörung, Artensterben – zahlreiche Studien weisen darauf hin, dass wir nicht mehr viel Zeit haben, das Ruder herumzureißen. Als Grundübel für diesen Zustand gilt unser neoliberal geprägtes System, das Leistungs- und Ellbogendenken vor ein soziales Miteinander stellt und die Gesellschaft zunehmend in zwei Lager spaltet. Wo sehen Sie die Zielgruppe für dieses Buch? Wolf: Die Themen im Buch betreffen uns alle, insbesondere jedoch die jüngere Generation, da sie von der wachsenden Umwelt- und Klimakrise am stärksten betroffen sein wird. Menschen, die Kinder haben, werden sich ebenfalls angesprochen fühlen. Was sind die größten Bedrohungen unseres Planeten? Im Gespräch mit VKI-Autorin Susanne Wolf Wolf: Der Verlust der Biodiversität und das damit verbundene Artensterben sowie die globale Klimakrise, die durch die rapide Abholzung der Regenwälder beschleunigt wird. Zahlreiche Studien weisen darauf hin, dass wir nicht mehr viel Zeit haben, das Ruder herumzureißen. Laut einer aktuellen Studie des UN-Weltbiodiversitätsrats (IPBES) sind eine Million Arten in den kommenden Jahren und Jahrzehnten vom Aussterben bedroht, wenn es zu keinen grundlegenden Änderungen bei der Landnutzung, beim Umweltschutz und der Eindämmung des Klimawandels kommt. Sie besagt auch, dass die Fähigkeit der Natur, Nahrung und Wasser für die wachsende Bevölkerung zur Verfügung zu stellen, in jeder Region der Erde gefährdet ist. Die Klimakrise wiederum hat durch das rasante Schmelzen des Grönlandeises sowie das Auftauen der Permafrostböden in Sibirien einen bedrohlichen Höhepunkt erreicht Das Buch verspricht Ideen für nachhaltige Veränderungen. Was ist damit gemeint? Advertorial Wolf: Als Grundübel für den Zustand unseres Planeten gilt unser ausbeuterisches Wirtschaftssystem, das weiterhin 20 sortimenterbrief 10/19

novitäteninterview grenzenloses Wachstum predigt – bei begrenzten Ressourcen. Das Buch zeigt die Verstrickungen zwischen Politik, Wirtschaft und Medien auf und präsentiert Alternativen zum vorherrschenden System. Es gibt immer mehr Staaten und Städte, die sich dem Klimaschutz verschreiben, sowie einzelne Menschen oder Projekte, die sich auf sehr unterschiedliche Weise für einen Systemwandel einsetzen. Wieweit können Konsumenten einen Beitrag leisten? Was haben wir selbst in der Hand? Wolf: Wir können bewusst konsumieren, klimafreundliche Mobilität wählen oder den Fleischkonsum reduzieren. Es kann jedoch nicht sein, dass die gesamte Verantwortung für die Rettung des Planeten auf die Konsumenten abgeschoben wird, während Großkonzerne schamlos – und ohne dafür belangt zu werden – Ressourcen und Arbeitskräfte ausbeuten. Das Buch stellt auch die Frage, weshalb nachhaltige Produkte oft teurer sind als herkömmlich produzierte – eigentlich sollte es umgekehrt sein. Um Veränderungen einzufordern, ist es notwendig, unsere Rechte – und Pflichten – als politische Bürger wahrzunehmen: Es liegt an uns, Druck auf Wirtschaft und Politik zu machen, etwa durch die Teilnahme bei den Klimastreiks oder anderen Protestaktionen, mithilfe von Bürgerinitiativen, Volksbegehren oder Petitionen. Wir können uns mit Gleichgesinnten vernetzen, uns Projekten und weltweiten Bewegungen anschließen, um Änderungen in Wirtschaft und Politik zu bewirken. Braucht es auch Verzicht, um dem Prinzip Nachhaltigkeit zu folgen? Wolf: Am nachhaltigsten ist es tatsächlich, so wenig wie möglich zu konsumieren oder gebrauchte Produkte zu kaufen. Es zahlt sich also aus, sich immer wieder die Frage zu stellen: Was brauche ich wirklich? – und Werbebotschaften kritisch zu hinterfragen. Für jedes neue Produkt werden in der Herstellung Ressourcen verbraucht und Treibhausgase emittiert. Unser ökologischer Fußabdruck wird immer größer: Wenn alle Menschen so leben und so viel konsumieren würden wie wir Europäer, bräuchte die Menschheit fast drei Planeten statt einem. Die Österreicher leben besonders verschwenderisch: Bei uns fiel der Welterschöpfungstag 2019 bereits auf den 15. April. An diesem Tag hatten wir Österreicher alle Naturressourcen aufgebraucht, die uns – weltweit betrachtet – fairerweise zustehen würden. »Es kann nicht sein, dass die gesamte Verantwortung für die Rettung des Planeten auf die Konsumenten abgeschoben wird.« Kann ich etwas bewirken, wenn ich weniger Fleisch esse? Wolf: Ja, denn der weltweite Fleischkonsum trägt zunehmend zur Klimakrise bei: Die 20 größten Fleischund Milchkonzerne verursachen mit 932 Millionen Tonnen CO2 pro Jahr mehr Emissionen als Deutschland, viertgrößter Industriestaat der Erde. Forscher an der University of Oxford haben errechnet, dass der Verzicht auf Fleisch und Milchprodukte den CO2-Fußabdruck einer Person um bis zu 73 % reduzieren kann. Ein erster Schritt wäre, den Konsum von tierischen Produkten zu reduzieren – und auf Bio-Qualität zu setzen. In welchen Bereichen haben Sie selbst Ihr Konsumverhalten, Ihren Lebensstil in den letzten Jahren geändert? Wolf: Ich esse kein Fleisch mehr, greife überwiegend zu Bio-Produkten, achte auf Gütesiegel, kaufe vieles gebraucht und tue mein Bestes, um Plastik zu vermeiden sowie keine Lebensmittel zu verschwenden. In unserer Wohnung kommt Ökostrom und Fernwärme zum Einsatz. Ich besitze kein Auto, fahre mit öffentlichen Verkehrsmitteln, dem Fahrrad oder mit der Bahn und vermeide Kurzstreckenflüge innerhalb Europas – und ich habe mein Wissen an meine Kinder weitergegeben. Da es aber nicht nur um das Konsumverhalten geht, bin ich auch politisch aktiv, nehme an Klimastreiks oder anderen Protesten teil, verbreite Informationen in sozialen Medien und unterstütze NGOs, die sich für Umweltschutz oder politische Veränderungen einsetzen. Im Übrigen bin ich der Meinung, dass wir nicht perfekt sein müssen, um die Welt zu verändern. Es wird uns nicht weiterbringen, mit dem Finger auf andere zu zeigen, wie es in sozialen Medien oft zu beobachten ist – Stichwort Flugscham. Natürlich ist es wichtig, mit nachhaltigen Veränderungen bei sich selbst zu beginnen – doch wir sollten unsere Energien darauf verwenden, die Politik endlich zum Handeln zu bringen und in der Wirtschaft ein Umdenken zu erreichen. Oder, noch besser, uns mit Gleichgesinnten zusammentun, um gemeinsam die Welt zu gestalten, in der wir leben möchten. Danke für das Gespräch! Susanne Wolf ZUKUNFT WIRD MIT MUT GEMACHT Ideen für nachhaltige Veränderung 144 Seiten, Flexcover 978-3-99013-088-9, € 19,90 | VKI www.konsument.at/zukunft-mut sortimenterbrief 10/19 21


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