© Gunter Glucklich – www.guntergluecklich.com Teresa Petrovitz im Gespräch mit Henri Faber Über das Monster in uns allen – oder die Frage, wann Schuld beginnt Herr Faber, vor Kurzem ist im dtv-Verlag Ihr erster Thriller Ausweglos erschienen und hat sogleich viel positive Resonanz hervorgerufen. Wie würden Sie die Handlung und Charakteristik Ihres Buches kurz in eigenen Worten beschreiben? Faber: Ausweglos ist eigentlich ein moralphilosophisches Gedankenexperiment, verpackt in einen Thriller. Es beginnt ziemlich direkt: Noah, einer der Protagonisten, holt spätabends die Wäsche vom Dachboden und hat plötzlich ein Messer an der Kehle. Der Angreifer, der sich später als berüchtigter Serienmörder entpuppt, will in seine Wohnung, zu seiner Frau. Noah bleibt scheinbar keine andere Wahl, doch dann fällt ihm ein, dass er auch den Zweitschlüssel der Nachbarn gegenüber dabeihat. Er muss also eine Entscheidung treffen, bei der es kein Richtig oder Falsch gibt. Und diese ausweglose Situation ist die Triebfeder des Buches. Sie zieht alle Protagonisten in eine Abwärtsspirale. Henri Faber, Jahrgang 1986, geboren und aufgewachsen in Niederösterreich, Studium der Publizistik und Kommunikationswissenschaft, lebt als Autor und Texter in Hamburg. Ausweglos ist sein Debüt als Thrillerautor. Was an Ihrem Thriller besonders hervorsticht, ist das hohe Tempo und die multiperspektivische Herangehensweise – das Geschehen um den „Ring fingermörder“ wird aus unterschiedlichen Blickwinkeln geschildert und erlebt, hinzu kommt eine ausgeklügelte metafiktionale Ebene. Wollten Sie im oft traditionell gehandhabten Thriller-Genre bewusst neue Akzente setzen? Faber: Es bleibt mir gar nichts anderes übrig, alles andere würde mich langweilen. Ich möchte meine Leser überraschen und ihnen eine Geschichte bieten, die sie so noch nicht kennen. Nach 11.000 Jahren Zivilisations- und somit Kulturgeschichte kann man das Rad zwar nicht neu erfinden, aber man kann gewohnte Versatzstücke ungewohnt zusammenzufügen, sodass etwas Neues entsteht. Advertorial Aufgrund Ihres vielgestaltigen Figurenarsenals bekommt man Einblick in verschiedene Lebenswelten und psychische Verfassungen. Welche Figurenperspektive hat es Ihnen beim Schreiben besonders angetan? 12 sortimenterbrief 10/21
Faber: Ich habe tatsächlich keine allgemeine Lieblingsfigur. Wenn ich zu schreiben beginne, versetze ich mich in diese Figur hinein, versuche, ihre Gedanken zu denken, ihre Gefühle zu spüren. Wenn ich dann „drin“ bin, möchte ich gar nicht mehr hinaus. Jede Figur hat ihre eigene Sogwirkung auf mich. Aber bei Lesungen habe ich einen eindeutigen Favoriten: den Mörder. Ausweglos ist nach Ihrem Krimidebüt Ruhet in Friedberg, das Sie unter Ihrem Klarnamen Rudolf Ruschel verfasst haben, internationaler bzw. neutraler geworden. War das eine bewusste Wahl? Spielt hier auch Ihr Umzug nach Deutschland und somit die Erweiterung Ihres Lebensumfeldes hinein? Faber: Der Umzug mag eine Rolle gespielt haben, andererseits habe ich auch schon in Deutschland gelebt, als Ruhet in Friedberg entstanden ist – ein Buch über die tiefste österreichische Provinz, geschrieben in einem kleinen Kaff nahe der Nordseeküste. Die Wahl zu diesem Stil, den ich für Ausweglos verwende, ist eher dem Stoff geschuldet. Das zentrale Dilemma, die Tragik dahinter und die Schwere, die diese Thematik bedingt, ließ sich meines Erachtens besser in einem klassischen Thriller erzählen als in einem schwarzhumorigen Roman. Hat die Tatsache, dass Sie für Ausweglos ein Pseudonym gewählt haben, mit diesem Stil-Wechsel und der Hinwendung zum Thriller-Genre zu tun – als eine Form der Abgrenzung vom Ruschel-Autoren-Ich? Faber: Ja. Ruhet in Friedberg und Ausweglos sind zwei völlig unterschiedliche Bücher und dennoch in ähnlichen Genres beheimatet. Die Grenze zwischen Krimi und Thriller ist schließlich eher fließend und oft nicht leicht zu erkennen. Ich wollte einfach nicht, dass jemand, der Ruhet in Friedberg gelesen und gemocht hat, von Ausweglos enttäuscht ist, weil er die falsche Erwartungshaltung hat. In Ihrem Thriller gibt es konkrete intermediale Verweise auf Film und Fernsehen. Wie sehr sehen Sie sich in Ihrem Schreiben vom Film und vielleicht auch vom aktuellen Serien- Boom beeinflusst? Faber: Der aktuelle Serien-Boom zieht ein wenig an mir vorbei, aber Filme haben mich sehr stark geprägt. Ich würde sogar sagen: Wenn ich schreibe, protokolliere ich eigentlich bloß die Szenen meines Kopfkinos. Dieses Protokoll ist dann die Grundlage für die literarische Verarbeitung. Sie wurden in Niederösterreich geboren, haben in Wien unter anderem Publizistik- und Kommunikationswissenschaft studiert, erstmalig bekannt wurden Sie durch Ihre Teilnahme am FM4-Kurzgeschichten- Wettbewerb „Wortlaut“. Wann haben Sie begonnen, zu schreiben? War Ihr familiäres Umfeld dafür ein idealer Nährboden? Oder sind Sie der Erste in Ihrer Familie, der literarisch tätig ist? Faber: Meines Wissens gab es vor mir keine literarischen Gehversuche innerhalb der Familie, allerdings war mein familiäres Umfeld dennoch ein idealer Nährboden. Ich bekam schon sehr früh Bücher zu lesen, die mich nachhaltig geprägt haben. Kishons schönste Geschichten für Kinder zum Beispiel, von Ephraim Kishon. Das Buch und die Geschichten darin habe ich geliebt. Sie haben mich so gut unterhalten, dass ich das auch unbedingt können wollte. Kurz darauf schrieb ich meine erste Kurzgeschichte. In Ihrem sehr sympathischen Kurzporträt auf Ihrer Website heißt es über Sie, Sie schreiben „Geschichten über das Leben, um zu überleben“. Meinen Sie damit – vielleicht neben dem materiellen Aspekt – auch ein Überleben im existenziellen Sinn? Ist das literarische Schreiben ein unverzichtbarer Teil Ihres Lebens geworden? Faber: Schreiben war tatsächlich immer ein wichtiger Teil meines Lebens und es war mir immer schon klar, dass ich als Schreibender arbeiten möchte. Allerdings muss es nicht zwingend das „literarische Schreiben“ sein. Ich habe lange Zeit in der Werbung gearbeitet und auch das hat mir sehr viel Spaß gemacht. Ich liebe einfach die Arbeit mit Worten, alles andere ist bloß eine Frage des Formats. Ob aus Worten Radiospots, Hörspiele, Bücher oder Theaterstücke entstehen – das ist eigentlich nebensächlich. Sich beim Schreiben an die Vorgaben anderer zu halten und sich nicht ganz den eigenen Vorstellungen und Ambitionen widmen zu können, ist für Sie also kein Problem? Faber: Nein, man hat immer gewisse Vorgaben, auch in der Literatur. Genres haben Regeln, Formate haben Regeln, alles im Leben unterliegt irgendwelchen Regeln – das Wichtige ist, dass man sich ihrer bewusst ist. Erst wenn man die Regeln beherrscht, kann man sie brechen und damit davonkommen. Danke für das Gespräch! thrillerspannung Henri Faber Ausweglos. Thriller 496 Seiten, Taschenbuch mit Klappen ISBN 978-3-423-21977-8, € 12,30 | dtv sortimenterbrief 10/21 13
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