erfolgreich investierenkommen hat, begegnet uns tatsächlichhäufiger. Geldanlagen sind heute schonmit einfachen Sparplänen ab 25 Euroim Monat möglich. Und der Faktor Zeitsowie der berühmte Zinseszins sind Effekte,die wir uns in jedem Fall zunutzemachen sollten und die langfristig betrachtetsogar einen größeren Effekt habenals der Betrag, den wir ansparen.Ich gebe Ihnen ein Beispiel: Wenn eineheute 25-Jährige jeden Monat 100 Eurospart und auf dem Konto liegenlässt,hat sie bis zur Rente circa 50 000 Eurozusammen. Die Inflation, also die Tatsache,dass dieses Geld 42 Jahre späternatürlich bei Weitem nicht mehr dieaktuelle Kaufkraft hat, lassen wir derEinfachheit halber hier mal unberücksichtigt.Wenn nun diese 25-Jährige ihre100 Euro nicht auf dem Konto liegenlässt,sondern beispielsweise über einenETF-Sparplan mit einer durchaus realistischendurchschnittlichen Rendite von7 Prozent im Jahr anlegt, dann hat siebis zur Rente etwa 287 000 Euro zur Verfügung,also ganze 237 000 Euro mehrals beim Kontoparken der monatlichenAnlagesumme. Diese Differenz entstehtdadurch, dass ihr Geld für sie arbeitenkonnte. Sie sehen: Finanzielle Freiheit istdurchaus erreichbar, auch ohne wohlhabendesElternhaus oder großes Erbe. DieHöhe des Einkommens und damit deszur Verfügung stehenden Betrags für dieGeldanlage ist natürlich wichtig. Dochmindestens genauso wichtig ist der FaktorZeit. Daher auch unser Appell an alleFrauen, sich lieber heute als morgen mitdem Thema zu beschäftigen.Früher sagte man: „Du musst die Aktiennur lange genug liegenlassen …“ Gilt dasauch heute noch, in Zeiten des Daytradings?Karolina Decker: Ja, diese alte Börsenweisheitist auch heute noch gültig.Der Finanzexperte André Kostolany(1906–1999) hat schon gesagt: „KaufenSie Aktien, nehmen Sie Schlaftablettenund schauen Sie die Papiere nicht mehran. Nach vielen Jahren werden Sie sehen:Sie sind reich.“ Interessanterweisehalten sich übrigens Frauen häufiger andiesen Grundsatz. Und das ist ein Grunddafür, warum sie im Durchschnitt sogardie etwas erfolgreicheren Anlegerinnensind als Männer – sobald sie die ersteHürde genommen haben und ins Handelngekommen sind. Sie investierengut durchdacht und eher langfristig, mitausgewogenem Risikobewusstsein. Siehandeln weniger mit ihren Anteilen undrichten die Portfolios seltener neu aus.Stattdessen tendieren Frauen eher dazu,ihre Anlagen, einmal eingerichtet, inRuhe zu lassen. Dank dieser Taktik profitierenwir von positiven Anlageaffektenwie dem Cost-Average-Effect (Kosten-Durchschnittseffekt) und dem Zinseszins.Diese Geduld und das Vertrauendarin, ihr Geld einfach mal für sich arbeitenzu lassen, zahlt sich aus. Insgesamterweist sich diese Strategie als erfolgreicher,als die Investments ständighin- und herzuwechseln. Eine Studieaus 2021 hat bestätigt, dass Frauen imSchnitt 0,4 Prozent höhere Renditen erzielenals Männer.Und was uns natürlich besonders interessiert:Was sind Ihre Top-Tipps imAnlagebereich?Leitha Matz: Konkrete Anlageproduktekönnen wir in diesem Rahmen natürlichnicht empfehlen. Dafür sind die jeweiligenBedingungen, Risikoprofile und finanziellenZiele viel zu individuell. Aberfür Leserinnen, die die eigenen Finanzengerne in die Hand nehmen möchtenund vielleicht nicht ganz sicher sind, wosie anfangen sollen, können wir gerne dieseeinfachen ersten Schritte mit auf denWeg geben:1. Dokumentieren Sie ein bis zwei Monatelang Ihre Ausgaben. Das klingtzwar zugegebenermaßen etwas langweilig,ist aber einer der bewährtesten erstenSchritte, um einen Überblick und dieKontrolle über die eigenen Finanzen undvor allem Sparpotenziale zu gewinnen.2. Überprüfen Sie Ihr „Money Mindset.“Dieses Thema wird häufig unterschätzt,ist aber sehr wichtig für langfristigenErfolg. Wenn Sie unterschwelligGlaubenssätze haben wie zum Beispiel„Geld verdirbt den Charakter“, dannwird Sie das immer bis zu einem gewissenMaße dabei blockieren, selbst einVermögen aufzubauen. Also erst mal genauhinschauen, negative Glaubenssätzeauflösen und durch positive ersetzen.3. Setzen Sie sich positive Geldziele.Damit sich Ihre Finanzen nicht wie einePflicht anfühlen, sondern Spaß machen,brauchen Sie eine positive Vision. ÜberlegenSie zum Beispiel mal, wie ein Lebenmit mehr finanzieller Unabhängigkeitaussehen könnte.4. Informieren Sie sich bei unabhängigenQuellen – idealerweise nicht nurbeim Berater oder der Beraterin IhrerHausbank. Auch wenn das Thema zunächstetwas überwältigend wirkenkann, lassen Sie sich nicht einschüchtern!Nie war es einfacher als heute, freizugängliche Informationen zu findenund das eigene Finanzwissen aufzubauen– sei es durch Online-Workshops,Apps oder eben durch gute Bücher zudem Thema.5. Für die Umsetzung gilt: Babysteps!Häufig erscheint den Menschen die Themenweltrund um die Finanzverwaltungzu immens und sie wissen nicht, wo sieanfangen sollen. Lassen Sie sich davonnicht abschrecken. Ein Schritt nach demanderen; Hauptsache ist, Sie legen los!Beabsichtigen Sie, Veranstaltungen imBuchhandel zu machen?Karolina Decker: Ja, wir freuen uns immersehr, wenn wir uns direkt mit anderenFrauen und Leserinnen austauschenkönnen. Wir sind gerne verfügbar für Lesungen,Infoabende oder Talkformate.Danke für das Gespräch!22sortimenterbrief 09/22 10/22
plädoyer für eine nachhaltige umverteilungÜber die Verantwortung der Vermögendenund warum Reichtum neurotisch macht© Ulrich PalzerMarlene EngelhornGeld176 Seiten, Hardcover978-3-218-01327-7, € 20,–Kremayr & ScheriauZaster, Moneten, Knete, Marie:Wer Geld hat, redet nicht darüber;wer es nicht hat, jagt einem meistunerreichbaren Heilsversprechenhinterher. Immer jedochgeht Geld mit Macht Hand inHand und ist oft ein Mittel, umBeziehungen zu führen, ohnesich auf Augenhöhe auf dieseeinlassen zu müssen. Nicht umsonstheißt es häufig: Wer dasGold hat, macht die Regel. Warumeigentlich?Marlene Engelhorn tut etwas,was so einigen Schweiß aufdie Stirn treibt: Als Erbin einesbeträchtlichen Vermögensredet sie über Geld – und bestehtdarauf, dass wir alle estun. Wie viel ist genug? Was ist das gute Leben für alle? Wiewollen wir teilen? In wessen Händen liegt das Recht, zu entscheiden?Wenn wir nachhaltige Antworten wollen, müssenwir uns persönlich sowie gesellschaftlich damit auseinandersetzen,was Geld eigentlich ist. Ein Druckmittel? Eine sichereBank? Ein erstrebenswertes Ziel oder der direkte Wegins Verderben? Marlene Engelhorn seziert mit spitzer Federunser Verhältnis zu Geld – und entwirft eine Vision, die zeigt,dass gerechte Umverteilung nur demokratisch wirken kann.Marlene Engelhorn,geboren 1992, studiert Germanistikan der Universität Wien und hat u. a.im Bereich der Nachhilfe und derSprachtrainings gearbeitet. Als sievon ihrer hohen Erbschaft erfährt,beginnt sie sich mit den Ideen derGuerrilla Foundation auseinanderzusetzen,zu deren partizipativerStruktur sie im „Funders’ Circle“ zählt.Sie ist Mitglied einer Gruppe, diesich nach dem Modell von ResourceGeneration aus den USA vernetzt,und Mitgründerin der Initiative„taxmenow“. Engelhorn erhebt ihreStimme in der öffentlichen Debatte zuSteuer- und Verteilungsgerechtigkeit.Leseprobe... Wir reden nicht über Geld. Wir reden auch kaum darüber,dass wir nicht darüber reden. Wir reden nicht darüber, dassMenschen wie ich sich um Geld keine Sorgen machen, nichtaufs Konto schauen müssen und trotzdem alles bezahlen können.Warten-auf-Geld hat für mich nichts mit ausstehendemLohn, Ämtern, Beihilfen und Förderungen zu tun, sondern bedeutet:Geld hängt in der Warteschleife, weil die Familie vermögendist: zum Beispiel Warten-aufs-Erben. „Erben“ ist in meinerWelt außerdem selbstverständlich nur ein Code für noch mehrGeld, das steuerfrei in meine Tasche gelangt, innerhalb der Familie;sterben muss dafür selbstverständlich niemand.Wir reden auch nicht darüber, dass ich mit meinem Geld Einflussauf Politik, Wirtschaft und Medien nehmen kann. Sollenwir das einfach ignorieren? Nochmal: Wer ist Wir? Was hat dasWir mit mir zu tun?Mich beschäftigt, wie wir miteinander über Geld sprechen undschweigen. Alle möglichen Wirs vermeiden das Gespräch, innerhalbeines Wir und Wir-übergreifend. Ich nehme an, dasses schwer zu verdauen ist, wenn man direkt am Gegenüber erlebt,dass Geld keine Sorge sein muss, sondern Macht und Lebenschancengarantieren kann. Dann wird spürbar, dass zweiMenschen aus der gleichen Gesellschaft ungleich sind, dasssie das Wir nicht teilen. Wenn ich ohne Arbeit so leben kann,wie es die wenigsten mit harter Arbeit können, zeigt sich eineUngerechtigkeit sehr konkret. Dieser Unterschied bringt ganzoft eine Wertung mit. Mehr Geld ist mehr wert. Manche Arbeitsorgt dafür, dass man mehr verdient. Aber: Ist, wer mehr Geldhat, mehr wert?Ich weiß, dass die moralisch richtige Antwort Nein und dietatsächliche Antwort Ja lautet, weil wir Menschen einander sobehandeln. Wir sind ungleich. Und das schadet allen. Geradeweil wir denken, dass doch eigentlich alle Menschen gleichsind. Aber das eigentliche Eigentlich, die sogenannte Realitätist: manche sind gleicher ...»Es ist wichtig zu verstehen, worum es bei politischerVermögensverteilung geht: Recht, Macht undRessourcen. Dass diese Verteilung transparent unddemokratisch stattfinden sollte, muss außer Fragegestellt werden. Vermögensungleichheit zerreißt dasMiteinander.« Marlene Engelhornsortimenterbrief 10/22 23
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