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sortimenterbrief September 2021

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Das österreichische Branchenmagazin für Buchmarkt, Buchverkauf und Buchwerbung. Ausgabe september 2021.

Ossi Hejlek im Gespräch

Ossi Hejlek im Gespräch mit Sabine Deubler »Mein Buch soll Mut machen, eigene Schicksalsschläge besser zu bewältigen« Womit füllen Sie Ihren beruflichen Alltag? Deubler: Ich bin Redakteurin bei den Salzburger Nachrichten und hauptsächlich für die Karriere-Seiten verantwortlich, die in SN-Wochenende erscheinen. Das sind zumeist Themen aus der Arbeitswelt – aus Sicht der Arbeitnehmer, aber auch Bereiche wie Karenz und Weiterbildung bis hin zu neuen Entwicklungen am Arbeitsmarkt. War es Ihr Berufsalltag, der Sie zu dem Thema inspirierte, oder waren die Menschen, die Sie im Zuge dessen kennenlernten, die Impulsgeber? So war es tatsächlich. Ich arbeite seit zwei Jahren für die Salzburger Nachrichten, davor war ich beim Salzburger Fenster. Beide Zeitungen gehören zum selben Verlag. Als Lokalredakteurin beim Salzburger Fenster habe ich viele soziale Geschichten geschrieben, war immer sehr nahe an den Menschen dran, denen Schreckliches widerfahren war. Entweder meldeten sich diese von selbst mit ihren Geschichten, oder ich suchte sie – zu einem bestimmten Thema. Ich konnte auf diesem Weg sehr beeindruckende Menschen kennenlernen. Stets war es für mich besonders interessant, wie diese Menschen ihre Schicksale meisterten, ob man sich von deren Herangehensweise vielleicht etwas abschauen könnte. Ebenso war es mir immer wichtig aufzuzeigen, dass man nie den Mut verlieren soll, egal was passiert. Natürlich ist in einer Zeitung der zur Verfügung stehende Platz für Geschichten und Porträts etwas beengt. © Anita Ledersberger Photography Mag. Sabine Deubler ist Redakteurin bei den Salzburger Nachrichten. In ihrer 20-jährigen Journalistinnentätigkeit und als Alleinerzieherin lernte sie viele Menschen kennen, die nach Lebensbrüchen stärker waren als zuvor. Sie lebt mit ihren Kindern und ihrem zweiten Mann in Salzburg und am Chiemsee. Advertorial Darum entschieden Sie sich, ein Buch zu schreiben? Deubler: Ja, Corona spielte dem Projekt in die Karten. Im vergangenen Jahr war ich drei Monate in Kurzarbeit. In der Zeit begann ich das Buchprojekt. Es ist letztendlich ein Mutmacher-Buch entstanden – mit Geschichten, die einem Perspektiven eröffnen können, wenn man in ähnliche Situationen gerät. Ein Buch, das aufzeigt, wie wichtig es sortimenterbrief 9/21

wenn lebenskrisen stärken auch ist, sein Schicksal anzunehmen. Bei den Porträts der Menschen hat mich sehr berührt, wie lange sie gestrampelt haben, sich weigerten, ihren Schicksalsschlag anzunehmen – von schädlichen Beziehungen über Sucht bis hin zu schweren Krankheiten. Erst durch das Anerkennen erfolgte der Bruch in ihrem Leben, entstand langsam die Kraft, sich wieder hochzustoßen. Sie haben in Ihrem Buch zehn Menschen porträtiert. Wie gelang es Ihnen, diese zu finden? Deubler: Einerseits durch Recherchen im Freundeskreis und in beruflichen Netzwerken. Ich habe andererseits auch bei vielen Vereinen und Organisationen nachgefragt, ob man mir Personen vermitteln könnte, die bestimmte Schicksalsschläge erlitten haben und denen es jetzt wieder gut geht. Die Menschen in Ihrem Buch sind mit ihrem richtigen Namen und mit einem Foto dargestellt. War es nicht schwer, Menschen zu finden, die sich in der Öffentlichkeit outen? Deubler: Es war sehr schwer, denn viele waren zwar bereit, ihre Geschichte zu erzählen – jedoch nur, wenn sie völlig anonym bleiben würden. Man kennt die Zeitungsgeschichten mit anonymisierten Personen, die in der Regel wie ein Kriminalfall wirken. Das wollte ich nicht. Zum Glück half es mir, dass ich den porträtierten Menschen meine Absicht näherbrachte, nämlich dass durch ihre Geschichten auch andere den Mut fassen könnten, über ihr Schicksal zu sprechen und dadurch eine Chance erhalten, aus ihrem Hamsterrad des Strampelns auszubrechen – um ihr Leben zu verändern. Letztendlich fand ich dabei einige, die sogar selbst schon nach Möglichkeiten suchten, mit ihrer Geschichte anderen zu helfen. Mein Buch gibt ihnen jetzt die Chance dazu, verschafft ihnen die gewünschte Öffentlichkeit. Dabei wurden es Menschen aus allen Bevölkerungsschichten ... Deubler: Ich traf dabei auf sehr unterschiedliche Lebenswelten. Das war mir auch wichtig, da das Buch dadurch noch lebensnaher wird. Der Bogen spannt sich vom ehemals Obdachlosen bis hin zum bekannten Stimmtrainer oder einer gefeierten Unternehmerin. Sabine Deubler Der Bruch. Wenn Lebenskrisen stärken 144 Seiten, s/w-Abbildungen, Hardcover 978-3-7025-1027-5, € 19,95 | Verlag Anton Pustet Auch als E-Book erhältlich: 978-3-7025-8084-1 Gibt es bei so unterschiedlichen Menschen eine vereinende Komponente? Deubler: Sie alle haben erfahren, wie wichtig es ist, über ihr Schicksal zu sprechen. Das half ihnen, damit besser umzugehen. Manche berichteten mir auch darüber, wie sie schon manch anderen mit ihren Geschichten helfen konnten. Beispielsweise die Frau, die im fünften Schwangerschaftsmonat ihr Kind verloren hatte und nach einer schweren Trauerphase ganz offen damit umging – auch in der Firma darüber erzählte. Daraufhin kamen auch andere Frauen auf sie zu und berichteten von ähnlichen Erlebnissen. Das Erzählen der Geschichte gab anderen sichtlich den Mut zum eigenen Outgoing. Das Reden als Schlüssel, um den eigenen Gedankenraum zu verlassen. Schweigen macht einsam, lässt einen nicht vom Fleck kommen. Im Buch kommen zwei hoch unterschiedliche Menschen vor – ein Manager und eine Ordensschwester, die beide viel arbeiteten, nicht auf ihre eigenen Bedürfnisse hörten, beide in Depressionen schlitterten, aus unterschiedlichen Gründen. Beide stiegen aus dem Alltagskarussell pflichtbewusst lange Jahre nicht aus – verloren dabei ihre Lebensfreude. Sie haben nie gelernt, Stopp zu sagen, gestanden sich nach außen hin keine Schwäche ein, wahrten den Schein. Es erfordert viel Mut, sich eine psychische Erkrankung selbst einzugestehen und dann auch seinem Umfeld davon zu erzählen. In der Regel öffnen sich die Betroffenen zuerst einem sehr vertrauten Menschen, bevor sie professionelle Institutionen aufsuchen. Die Ordensschwester nimmt heute regelmäßig Medikamente – steht dazu, bat sogar ihre Mitschwestern darum, ihr nach ihrem Tod die Medikamente mit in den Sarg zu legen. Sie spricht heute ganz offen darüber. Der Bereich der psychischen Erkrankungen ist immer noch ein großes Tabuthema. Daher war es auch schwierig für mich, für diese Bereiche Menschen zu finden, die damit in die Öffentlichkeit gehen. Umso wichtiger ist es mir gewesen, auch diese Themen im Buch aufzugreifen. Ihr Buch wird sehr persönlich, weil Sie die Menschen auch im Originalzitat zu Wort kommen lassen. Die Schicksale gehen einem dadurch sehr nahe. Haben Sie auch geplant, Veranstaltungen mit Ihrem Buch zu machen? Deubler: Die ersten Veranstaltungen sind schon fixiert. Eine findet sogar im Beisein eines im Buch porträtierten Menschen statt – auch um Besuchern die Möglichkeit zu bieten, in direkten Austausch zu treten. Danke für das Gespräch! sortimenterbrief 9/21 09


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